Insolvenzrecht – Vorsatzanfechtung - Gläubigerbenachteiligung durch Einfuhrumsatzsteuerzahlungen

 

Insolvenzrecht – Vorsatzanfechtung – Gläubigerbenachteiligung durch Einfuhrumsatzsteuerzahlungen

1. Der Annahme einer mittelbaren Gläubigerbenachteiligung durch die Zahlung von Einfuhrumsatzsteuer stehen weder das von der Entstehung der steuerabhängige Recht zum Vorsteuerabzug noch eine unterstellte Pflicht zur Berichtigung des getätigten Vorsteuerabzugs entgegen.

2. Die Vorschrift ist nicht auf Rechtshandlungen anwendbar, die Deckung für Forderungen aus einem Steuerschuldverhältnis gewährt haben.

Der BGH entschied in einem Verfahren gegen ein Finanzamt, dass es sich bei der Rückforderung der Einfuhrumsatzsteuer nicht um eine rechtsmissbräuchliche Rückforderung handelt.

BGH, Urteil vom 08.02.2024 – IX ZR 194/22

Hintergrund

Im Jahr 2020 stellte eine Gesellschaft einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung und strebte die Durchführung eines Schutzschirmverfahrens an. Kurz vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zahlte die Gesellschaft dem Hauptzollamt rund € 13 Mio. Einfuhrumsatzsteuer und machte diese im Rahmen des Vorsteuerabzugs wieder geltend. Der Sachwalter forderte vom Hauptzollamt € 13 Mio. im Klageweg erfolglos zurück. Später wurde dann ein Insolvenzplan erstellt und nach dessen Annahme das Insolvenzverfahren aufgehoben. Der Sachwalter führt die Klage auch nach dem Abschluss des Verfahrens fort und siegte letztendlich vor dem BGH.

Keine rechtsmissbräuchliche Rückforderung

Nach Ansicht des BGH besteht der Anspruch des Sachwalters aus Vorsatzanfechtung gemäß den §§ 130 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, 143 Abs. 1 InsO. So wäre die Zollbehörde ohne die Zahlungen ebenfalls zur Insolvenzgläubigerin geworden und die Steuern hätten die Insolvenzmasse verkürzt.

Das Finanzamt könne dem nicht entgegenhalten, dass die Gesellschaft die Einfuhrumsatzsteuer im Rahmen des Vorsteuerabzugs nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 UStG bereits geltend gemacht habe. Das Vorsteuerabzugsrecht entsteht nach Ansicht des BGH nicht erst durch die Umsatzsteuerzahlung, sondern bereits mit Steuerentstehung. Daher gebe es keine derartige Verknüpfung zwischen der Steuerentrichtung und dem Vorsteuerabzug, die eine Vorsatzanfechtung der gezahlten Steuern nach den §§ 130 ff. InsO verbieten würde.

Auch liegt kein rechtsmissbräuchliches Verhalten im Sinne des § 242 BGB vor. Zwar könne die Behörde im Rahmen der Vorsteuerberichtigung nach § 17 Abs. 3 UStG die Vorsteuer wieder zurückfordern und ihre offene Umsatzsteuerforderung geltend machen. Allerdings wäre die Befriedigungsquote der Insolvenzgläubiger höher ausgefallen, wenn die Steuerzahlung unterblieben wäre.
(vgl. Beck aktuell, aktuelle Rechtsprechung).

In unserer auf das Insolvenzrecht spezialisierten Kanzlei stehen wir Ihnen bei der Durchsetzung und Abkehr von Insolvenzanfechtungsansprüchen mit unserer jahrelangen Erfahrung gerne zur Verfügung.

 

Rechtsanwalt Manuel Ast


Insolvenzrecht - BGH zur Verjährung von Insolvenzforderungen

Insolvenzrecht – BGH zur Verjährung von Insolvenzforderungen

a) Der Anmeldung eines Schadensersatzanspruchs wegen einer vorsätzlich begangenen Unterhaltspflichtverletzung muss der konkrete Zeitraum zu entnehmen sein, für den der Schuldner Unterhalt schuldet, dass und in welchem Umfang der Schuldner den geschuldeten Unterhalt nicht bezahlt hat und dass es sich aus Sicht des Gläubigers um ein vorsätzliches Delikt, beispielsweise eine Straftat handelt.

b) Macht ein Gläubiger neben einer Insolvenzforderung zusätzlich einen auf die Insolvenzforderung bezogenen Anspruch aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung aus einem anderen Streitgegenstand als dem der Insolvenzforderung gelten, erstreckt sich der Widerspruch des Schuldners gegen den Rechtsgrund im Zweifel auf die aus dem anderen Streitgegenstand angemeldete Forderung insgesamt.

c) Die durch eine Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahren eingetretene Hemmung der Verjährung endet sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des Insolvenzverfahrens durch Aufhebung oder Einstellung; auf die Entscheidung über eine Restschuldbefreiung kommt es nicht an.

BGH, Beschluss vom 21.03.2024 – IX ZB 56/22

Hintergrund

Der Antragsteller war mit der Antragsgegnerin verheiratet. Das Amtsgericht – Familiengericht – verpflichtete ihn mit Beschluss vom 08.05.2013, an die Antragsgegnerin für die Zeit vom 01.01.2008 bis 31.08.2010 rückständigen und ab 01.09.2010 laufenden Trennungsunterhalt bis zur Rechtskraft der Ehescheidung zu bezahlen. Der Antragsteller kam diesen Zahlungspflichten nicht nach. Über sein Vermögen wurde mit Beschluss vom 23.06.2014 das Insolvenzverfahren eröffnet.

Die Antragsgegnerin meldete auf Grundlage des Beschlusses des Amtsgerichts eine Unterhaltsforderung für den Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis zum 22. Juni 2014 i.H.v. € 57.126,00 zur Insolvenztabelle an und machte zugleich geltend, dass es sich um eine Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung handele. Die Forderung wurde zur Tabelle eingetragen. In der Spalte zur genauen Bezeichnung des Grundes der Forderung ist eingetragen „Unterhaltsforderung 01.01.2008 bis 22.06.2014“ und „Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung“.

Der Antragsteller widersprach der angemeldeten Unterhaltsforderung insofern, als dass es sich um eine Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung handele. Dieser Widerspruch wurde in die Insolvenztabelle aufgenommen. Im Oktober 2018 wurde das Insolvenzverfahren aufgehoben und dem Antragsteller wurde Restschuldbefreiung erteilt.

Der Antragsteller hat beantragt, die Vollstreckung aus dem Beschluss des Amtsgerichts vom 08.05.2013 für unzulässig zu erklären und die Antragsgegnerin zu verurteilen, die vollstreckbare Ausfertigung dieses Titels an ihn herauszugeben. Die Antragsgegnerin hat darauf im Oktober 2021 wieder Antrag gestellt, festzustellen, dass die Forderungen aus diesem Beschluss aus dem Rechtsgrumd der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung bestehen. Die Rechtshängigkeit des Wiederantrags ist am 10.01.2022 eingetreten.

Das Amtsgericht hat den Anträgen des Antragstellers stattgegeben und den Wiederfeststellungsantrag zurückgewiesen.

BGH – Vollstreckungsabwehrantrag unbegründet

Den Karlsruher Richtern entsprechend sei der Antrag auf Vollstreckungsabwehr zwar zulässig und es würde auch ein Rechtsschutzinteresse bestehen. Allerdings sei der Antrag unbegründet, da der Antragsgegnerin deliktische Ansprüche gegen den Antragsteller aus unerlaubter Handlung gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 170 Abs. 1 StGB zustünden. Demnach habe die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 24.06.2021 hinreichend vorgetragen, dass aufgrund der ausbleibenden Unterhaltszahlungen ihr Lebensbedarf und der ihrer Kinder ohne die Unterstützungsleistungen ihrer Schwester erheblich gefährdet worden wären. Dieser Anspruch sei auch nicht verjährt. Die Verjährung der Forderung, deren Frist am 31.12.2013 begonnen habe, sei durch die Forderungsanmeldung gehemmt worden. Der Wiederfeststellungsantrag ist zulässig und begründet. Der Antrag ist begründet, da der Antragsgegnerin ein Anspruch aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung zustehe. So bleibt es dabei, dass die durch eine Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahren eingetretene Hemmung der Verjährung sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des Insolvenzverfahrens durch Aufhebung oder Einstellung endet. Irrelevant ist die Entscheidung über eine Restschuldbefreiung.

In unserer auf das Insolvenzrecht spezialisierten Kanzlei stehen wir Ihnen bei sämtlichen Fragen der Geltendmachung und Abwehr von Insolvenzforderungen kompetent zur Verfügung.

 

Rechtsanwalt Manuel Ast


Insolvenzrecht - Vorsatzanfechtung

Insolvenzrecht – Vorsatzanfechtung

1. Wird die Veräußerung eines Vermögensgegenstandes zu einer unmittelbaren Gläubigerbenachteiligung, stellt dies ein eigenständiges Beweisanzeichen für die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung dar.

2. Ficht der Insolvenzverwalter sowohl das Verpflichtungs- als auch das hiervon getrennt und zu einem späteren Zeitpunkt vorgenommene Erfüllungsgeschäft mit dem einheitlichen Rechtsschutzziel der Rückgewähr des zur Erfüllung geleisteten an, handelt sich um unterschiedliche Streitgegenstände und muss der Insolvenzverwalter bestimmen, in welcher Reihenfolge er die Ansprüche geltend machen will.

BGH, Urteil vom 22.02.2024 – IX ZR 226/20

Hintergrund

Der Kläger ist Insolvenzverwalter in dem auf Fremdantrag vom 07.08.2017 am 01.11.2017 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin. Er begehrt die Rückübertragung des Eigentums an mehreren Grundstücken, die ursprünglich im Eigentum der GmbH & Co. KG standen. Am 1. März 2010 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH & Co. KG eröffnet und ebenfalls der Kläger zum Verwalter bestellt.

Auf den Grundstücken lastete eine Schuld i.H.v. € 3,5 Mio., die im Zeitpunkt dieser Verfahrenseröffnung noch i.H.v. € 3 Mio. valutierte. Am 26.07.2010 veräußerte der Kläger als Insolvenzverwalter dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH & Co. KG deren wesentliche Vermögensgegenstände an die Schuldnerin, die Teil einer indischen Unternehmensgruppe war.

Zu den wesentlichen Vermögensgegenständen gehörten auch die streitbefangenen Grundstücke. Die Grundstücke hatten ein Gesamtkaufpreis von € 2,5 Mio. Dieser Teil sollte ratarisch gezahlt und i.H.v. € 1,25 Mio. zur Ablösung der Grundschuld an die Grundschuldgläubigerin weitergeleitet werden. Die Schuldnerin zahlte noch die ersten beiden Raten, danach kam sie ihren Verpflichtungen nicht mehr nach.

Der Kläger ließ sich eine vollstreckbare Ausfertigung der notariellen Urkunde erteilen. Die Schuldnerin veräußerte im April 2013 die Grundstücke weiter am eine auf Mauritius ansässige Gesellschaft. Im Zeitpunkt der Veräußerung war weder als Eigentümerin der Grundstücke eingetragen noch die Grundschuld gelöscht. Aus diesem Grund beantragte der Kläger in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH & Co. KG, ein vorläufiges Zahlungsverbot. Es wurde Ratenzahlung vereinbart.

Die Beklagte selbst zahlte von den € 1,25 Mio. lediglich € 49.800,00 nachdem die Schuldnerin ihr € 50.000,00 überwiesen hatte. Die weiteren Teilzahlungen erbrachten die auf Mauritius ansässige Gesellschaft, die mit der Schuldnerin durch einen Darlehensvertrag verbunden war und die Schuldnerin selbst.

Die Parteien streiten nun darüber, inwieweit die Zahlungen der Beklagten jedenfalls wirtschaftlich zuzurechnen sind. Im Juli 2016 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH & Co. KG aufgehoben. Als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Schuldnerin begehrt der Kläger die Rückübertragung der an die Beklagte veräußerten Grundstücke. Er stützt sein Begehren insbesondere auf eine Anfechtung des Verpflichtungs- sowie des Verfügungsgeschäfts nach den §§ 129 ff. BGB und auf § 826 BGB. Er behauptet, die Grundstücke seien im Zustand der erkannten Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin unter Wert an die Beklagte verschoben worden. Die Schuldnerin und die Beklagte hätten kollusiv zum Nachteil der Gläubiger der Schuldnerin zusammengewirkt.

Vorsatzanfechtung gemäß § 133 InsO greift

Nach § 133 Abs. 1 S. 1 InsO ist eine Rechtshandlung anfechtbar, die der Schuldner mit dem Vorsatz vorgenommen hat, seine Gläubiger zu benachteiligen, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt für den von § 133 Abs. 1 S. 1 InsO vorausgesetzten Benachteiligungsvorsatz des Schuldners bedingter Vorsatz. Ein Benachteiligungsvorsatz ist deshalb nicht nur dann gegeben, wenn der Schuldner bei Vornahme der Rechtshandlung (§ 140 InsO) die Benachteiligung der Gläubiger im Allgemeinen als Erfolg seiner Rechtshandlung gewollt hat, sondern auch dann, wenn er lediglich die Benachteiligung als mutmaßliche Folge – sei es auch als unvermeidliche Nebenfolge eines an sich erstrebten anderen Vorteils – erkannt und gebilligt hat.

Der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners ist eine innere, dem Beweis nur eingeschränkt zugängliche Tatsache. Er kann daher in aller Regel nur mittelbar aus objektiven Hilfstatsachen hergeleitet werden. Es ist Aufgabe des Tatrichters, die ihm unterbreiteten Hilfstatsachen auf der Grundlage des Gesamtergebnisses der mündlichen Verhandlung und einer etwaigen Beweisaufnahme umfassend und widerspruchsfrei zu würdigen. Dabei hat er die Rechtsprechung des BGH zu den für und gegen den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz sprechenden Beweisanzeichen zu berücksichtigen. Die einzelnen Beweisanzeichen dürfen dabei nicht schematisch angewendet werden.

Zu den Beweisanzeichen, die für den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners sprechen, zählen nicht nur die erkannte drohende, die erkannte bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit oder die erkannte insolvenzrechtliche Überschuldung. Auch die Gewährung einer inkongruenten Deckung bei finanziell beengten Verhältnissen kann für den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners und für die Kenntnis des Anfechtungsgegners von diesem Vorsatz sprechen. Weitere Beweisanzeichen, die für eine Annahme der subjektiven Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 InsO streiten, sind eine durch die angefochtene Rechtshandlung bewirkte unmittelbare Gläubigerbenachteiligung oder die Übertragung des letzten werthaltigen Gegenstands auf einen womöglich nahestehenden Dritten. Auch die Gewährung eines Sondervorteils für den Fall der Insolvenz spricht für einen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz und die Kenntnis von diesen.

Der Katalog der vom BGH herausgebildeten Beweisanzeichen ist nicht abschließend. Weitere für die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung sprechende Umstände sind denkbar und vom Tatrichter in die in jedem Fall vorzunehmende Gesamtwürdigung einzubeziehen. Die in Betracht kommenden Beweisanzeichen betreffen zum einen die wirtschaftliche Lage des Schuldners im Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung. Erkennt ein Schuldner, dass er aufgrund seiner wirtschaftlichen Lage nicht mehr alle seine Gläubiger wird befriedigen können, kann die Erfüllung einzelner Gläubigerforderungen mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz vorgenommen sein.

Es ist aber nicht nur die wirtschaftliche Lage des Schuldners in den Blick zu nehmen. Auch Art und Weise der angefochtenen Rechtshandlung können für den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz im Sinne des § 133 Abs. 1 InsO sprechen. Insbesondere zu Vermögensverschiebungen, die zur Benachteiligung der Gläubigergesamtheit vorgenommen werden, kann bereits im Vorfeld eine wirtschaftliche Krise kommen. Deshalb hat der Tatrichter neben den wirtschaftlichen Verhältnissen des Schuldners auch die Umstände in seine Würdigung einzubeziehen, unter denen die angefochtene Rechtshandlung vorgenommen worden ist.

Hier hat der Kläger sich auf eine schlechte wirtschaftliche Lage der Schuldnerin berufen. Er behauptet die Schuldnerin sei erkanntermaßen zahlungsunfähig gewesen. Nach den bisher getroffenen Feststellungen trifft diese Behauptung jedenfalls für den Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstückskaufvertrages im April 2013 zu.

Geht es im Insolvenzanfechtungsprozess um die erkannte Zahlungsunfähigkeit, wird diese häufig über die gesetzliche Vermutung des § 17 Abs. 2 S. 2 InsO zu erschließen sein.

Entscheidend für die Annahme einer Zahlungseinstellung im Sinne des § 17 Abs. 3 S. 2 InsO ist der Beweismaß des § 286 ZPO zu messende, in umfassender und widerspruchsfreier Würdigung des Prozessstoffs zu gewinnende Überzeugung, der Schuldner könne aus Mangel an liquiden Zahlungsmittel nicht zahlen. Eine besonders aussagekräftige Grundlage für diese Überzeugung ist die eigene Erklärung des Schuldners.

Nach diesen Grundsätzen hatte die Schuldnerin ihre Zahlungen eingestellt. Eine einmal eingetretene Zahlungseinstellung dauert fort, bis der Schuldner seine Zahlungen im Allgemeinen wieder aufnimmt. Greift die Fortdauervermutung ein, den Grundsatz der Anfechtungsgegner die allgemeine Wiederaufnahme der Zahlungen darzulegen und zu beweisen.

Vorliegend ist von einer Kenntnis der Beklagten vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin auszugehen. Die Kenntnis wird gemäß § 133 Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 133 Abs. 3 S. 1 InsO vermutet.

Gemäß § 133 Abs. 1 S. 2 InsO wird vermutet, dass der Gläubiger den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners kannte, wenn er wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die Rechtshandlung die Gläubiger benachteiligte.

Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

Bei der Durchsetzung oder Abwehr von Insolvenzanfechtungsansprüchen stehen Ihnen unsere auf das Insolvenzrecht spezialisierten Anwälte gerne zur Verfügung.

 

Rechtsanwalt Manuel Ast


Insolvenzrecht - BGH zu Insolvenzanfechtungsansprüchen - positive Kenntnis notwendig

Insolvenzrecht – BGH zu Insolvenzanfechtungsansprüchen – positive Kenntnis notwendig

1. Die Sachhaftung an einfuhrabgabenpflichtiger Ware ist im Grundsatz eine kongruentere Sicherung.

2. Der Leiter einer Behörde ist neben dem zuständigen Sachbearbeiter ein für die Wissenszurechnung geeigneter Kenntnisträger; ob der Behördenleiter an der angefochtenen Rechtshandlung beteiligt war oder nicht, ist ohne Bedeutung.

3.
a) Der Rückschluss von einer medialen Berichterstattung auf die Kenntnis von einem bestimmten Gegenstand der Berichterstattung ist nur tragfähig, wenn die Berichterstattung derart umfassend und hervorgehoben erfolgt ist, dass sie dem Kenntnisgeber nicht verborgen geblieben sein kann.

3.
b) Eine Verletzung der Beobachtungs- und Erkundigungsobliegenheit im Blick auf ein erkanntermaßen krisenbehaftetes Unternehmen führt nicht zur Annahme einer tatsächlich nicht vorhandenen Kenntnis.

BGH, Urteil vom 8.2.2024 – IX ZR 107/22

Hintergrund

In dem hier vom BGH zu entscheidenden Fall, stellte dieser klar, dass die hier für Insolvenzanfechtungsansprüche vorausgesetzte Kenntnis nicht allein durch die Vorlage einer Vielzahl von Medienberichten begründet werden kann. Der Umstand, dass ein Medienbericht existiert, setzt nicht voraus, dass dieser auch gelesen und wahrgenommen worden ist.

Weiter entschied der BGH, dass der Leiter einer Behörde – hier das Hauptzollamt – neben dem zuständigen Sachbearbeiter ein für die Wissenszurechnung geeigneter Kenntnisträger sein kann. Es ist dabei unerheblich, ob der Behördenleiter an der angefochtenen Rechtshandlung beteiligt war oder nicht. Dies hat keine Auswirkungen auf die konkrete Kenntnis. Auch der Leiter einer Behörde, wie der des Hauptzollamts, muss nicht zwangsläufig mediale Berichte über die wirtschaftliche Lage eines Unternehmens lesen. Es ist schon nicht klar, was unter der medialen Berichterstattung generell im üblichen Umfang zu verstehen ist. Es gehört jedenfalls nicht zum üblichen Umfang, sich einen umfassenden Überblick über jede Art der überregionalen Berichterstattung zu verschaffen.

Auch ein Verstoß gegen die Beobachtungs- und Erkundigungspflichten indiziert keine positive Kenntnis.

Die Entscheidung zeigt, dass auch weiterhin nicht ausreichend ist, dass dem Verwalter eine Vielzahl von medialen Berichten vorliegen, ohne die konkrete Kenntnis des Anfechtungsgegners darzulegen. Die Anfechtungstatbestände setzen eine positive Kenntnis voraus. Eine grob fahrlässige Unkenntnis (beispielsweise infolge einer Verletzung der Beobachtungs- und Erkundigungsobliegenheit) reicht nicht aus.

Unsere auf das Insolvenzrecht spezialisierten Anwälte stehen Ihnen bei der Prüfung insolvenzanfechtungsrechtlicher Sachverhalte kompetent zur Verfügung.

 

Rechtsanwalt Manuel Ast


Insolvenzrecht - teilweise erfolgreiche Verfassungsbeschwerde gegen die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens wegen Verstoßes gegen das Willkürverbot

Insolvenzrecht – teilweise erfolgreiche Verfassungsbeschwerde gegen die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens wegen Verstoßes gegen das Willkürverbot

 

Die vom Bundesverfassungsgericht zu entscheidende Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. Über das Vermögen der Beschwerdeführerin wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 20. August 2020 wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Eröffnung erfolgte aufgrund von drei Gläubigeranträgen. Die Gläubiger hatten jeweils eine durch Vollstreckungsbescheid titulierte Forderung gegen die Beschwerdeführerin angeführt und die entsprechenden Vollstreckungsbescheide vorgelegt. Der Eröffnungsbeschluss enthielt keine nähere Begründung, insbesondere keine Ausführungen zum Einwand der Beschwerdeführerin, dass die Insolvenzanträge unzulässig seien.

Die Beschwerdeführerin legte gegen den Eröffnungsbeschluss sofortige Beschwerde zum Insolvenzgericht ein. Sie führte hierzu im weiteren Verlauf unter anderem aus, dass die vorliegenden Insolvenzanträge unzulässig seien, da das Bestehen einer Forderung des jeweiligen Gläubigers nicht glaubhaft gemacht worden sei. Die zur Glaubhaftmachung vorgelegten Vollstreckungsbescheide seien rechtswidrig und nicht rechtskräftig. Die Vorlage eines nicht rechtskräftigen Vollstreckungsbescheids genüge zur Glaubhaftmachung einer Forderung nicht. Hinsichtlich eines weiteren Vollstreckungsbescheids, der gegen eine andere Gesellschaft über die gleiche Forderung erwirkt worden sei, sei bei gleicher Sachlage die Zwangsvollstreckung aus dem Vollstreckungsbescheid durch Beschluss des hanseatischen Oberlandesgerichts mittlerweile eingestellt worden.

Aus den Gründen dieses Beschlusses sei zu erzählen, dass die Titel zu Unrecht vollstreckbar gewesen seien. Das Insolvenzgericht Amtsgericht Hamburg half der sofortigen Beschwerde nicht ab. Auch das Landgericht Hamburg wies die sofortige Beschwerde zurück. Im Rahmen einer Beschwerdeentscheidung gegen den Beschluss über die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens sei maßgeblich, ob im Zeitpunkt der Eröffnungsentscheidung ein Insolvenzgrund gemäß § 16 InsO vorgelegen habe.

Das Amtsgericht sei zutreffend davon ausgegangen, dass zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens beide Eröffnungsgründe, nämlich Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung der Beschwerdeführerin, vorgelegen hätten. Dies gelte auch dann, wenn man Verbindlichkeiten, hinsichtlich derer die Zwangsvollstreckung aus den Vollstreckungsbescheiden einstweilen eingestellt worden sei, nicht berücksichtigen würde.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Anhörungsrüge nach § 321 a ZPO, die durch das Landgericht Hamburg auch als unbegründet zurückgewiesen wurde.

Aufgrund dessen wendet sich die Beschwerdeführerin nun mit ihrer Verfassungsbeschwerde gegen die Beschlüsse des Amtsgerichts Hamburg sowie gegen die Beschlüsse des Landgerichts Hamburg.

Sie rügt die Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG durch die beiden Beschlüsse des Amtsgerichts Hamburg sowie durch die beiden Beschlüsse des Landgerichts Hamburg. Bei verständiger Würdigung der Entscheidungen könne nur davon ausgegangen werden, dass die Gerichte den Vortrag der Beschwerdeführerin über das Nichtbestehen der titulierten Forderungen und über die Art und Weise des Zustandekommens der Vollstreckungsbescheide jeweils gar nicht zur Kenntnis genommen hätten.

Weiter rügt sie die Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG in Form des Willkürverbots durch die beiden Beschlüsse des Landgerichts Hamburg. Den Beschluss über die Anhörungsrüge geäußerte tragende Erwägung des Landgerichts, wonach es im Beschwerdeverfahren gegen einen Eröffnungsbeschluss nicht mehr auf die Zulässigkeit des Insolvenzantrags, sondern nur noch auf seine Begründetheit ankomme, sei unter keinem denkbaren rechtlichen Aspekt vertretbar, sondern willkürlich.

Das Bundesverfassungsgericht entschied, dass die Verfassungsbeschwerde zulässig und offensichtlich begründet ist. So verletzte der Beschluss des Landgerichts Hamburg vom Dezember 2020 das Grundrecht der Beschwerdeführerin aus Art. 3 Abs. 1 (in der Ausprägung als Willkürverbot) i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG.

Demnach verstößt ein Richterspruch nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dann gegen den allgemeinen Gleichheitssatz in seiner Ausprägung als Verbot objektiver Willkür, wenn er unter keinem denkbaren rechtlichen Aspekt vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass er auf sachfremden Erwägungen beruht. Das ist anhand objektiver Kriterien festzustellen. Schuldhaftes Handeln des Richters ist nicht erforderlich. Fehlerhafte Rechtsanwendung allein macht eine Gerichtsentscheidung nicht objektiv willkürlich. Schlechterdings unhaltbar ist eine fachgerichtliche Entscheidung vielmehr erst dann, wenn es eine offensichtlich einschlägige Norm nicht berücksichtigt, der Inhalt einer Norm in krasser Weise missverstanden oder sonst in nicht mehr nachvollziehbarer Weise angewendet wird, die Rechtslage als in krasser Weise verkannt wird.

So lag der Fall hier.

Voraussetzung für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens ist ein Insolvenzantrag, der zulässig und begründet sein muss. Stellt ein Gläubiger den Insolvenzantrag, setzt die Zulässigkeit desselben gemäß § 14 Abs. 1 S. 1 InsO voraus, dass der Gläubiger ein rechtliches Interesse an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat und seine Forderung sowie den Eröffnungsgrund glaubhaft macht. Begründet ist der Insolvenzantrag, wenn gemäß § 16 InsO ein Eröffnungsgrund gegeben ist, im Falle eines Gläubigerantrags also Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung zur Überzeugung des Gerichts im Zeitpunkt der Eröffnung vorliegen.

Die Annahme des Landgerichts, ob das für die Entscheidung über die sofortige Beschwerde allein maßgeblich sei, bezogen auf den Zeitpunkt der Eröffnungsentscheidung ein Eröffnungsgrund im Sinne von § 16 InsO gegeben sei, lässt sich damit nicht in Einklang bringen.

Zur Frage des Vorliegens der Insolvenzantragsgründe Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung stehen wir Ihnen in unserer auf das Insolvenzrecht spezialisierten Kanzlei kompetent zur Verfügung.

 

Rechtsanwalt Manuel Ast


Insolvenzrecht - OLG Frankfurt zur Frage, ob Vollstreckungsmaßnahmen eines Vollstreckungsorgans Rechtshandlungen im Sinne von § 129 Abs. 1 InsO darstellen können

Insolvenzrecht – OLG Frankfurt zur Frage, ob Vollstreckungsmaßnahmen eines Vollstreckungsorgans Rechtshandlungen im Sinne von § 129 Abs. 1 InsO darstellen können

 

„1. Eine Vollstreckungsmaßnahme des Vollstreckungsorgans stellt keine Rechtshandlung im Sinne von § 129 Abs. 1 InsO dar. Einer solchen Rechtshandlung steht es aber nicht entgegen, wenn der Schuldner unter dem Druck der Zwangsvollstreckung zahlt. Übergibt der Schuldner dem Vollziehungsbeamten Bargeld, deren Pfändung andernfalls hätte hinnehmen müssen, ist diese Zahlung nicht nach § 131 Abs. 1 InsO anfechtbar. Umgekehrt ist aber bei einer Barzahlung von einer Rechtshandlung auszugehen, wenn der Vollziehungsbeamte auf das Bargeld nicht ohne tatsächliche oder rechtliche Hindernisse hätte zugreifen können.

2. Die Beweislast für die Rechtshandlung trägt der anfechtende Insolvenzverwalter.

3. Liegen Quittungen für den Einzahler vor, ausweislich derer der Vollziehungsbeamte jeweils einen glatten Einzahlungsbetrag in bar erhalten hat, dann sprechen die glatten Beträge für willensgeleitete Entscheidungen des Schuldners und gegen Pfändungen.

4. Ein Beklagter darf nicht pauschal eine Erklärung mit Nichtwissen abgeben, wenn ihm die Urkunden zum gegnerischen Vortrag vorgelegt worden sind. Er muss dann substantiiert bestreiten.“

Bei Fragen hinsichtlich der Anfechtbarkeit von Rechtshandlungen stehen Ihnen unsere auf das Insolvenzrecht spezialisierten Anwälte kompetent zur Verfügung.

 

Rechtsanwalt Manuel Ast


Insolvenzrecht - Beihilfe an einer Insolvenzverschleppung durch einen Notar

Insolvenzrecht – Beihilfe an einer Insolvenzverschleppung durch einen Notar

Hintergrund

Im vorliegenden Fall hat die Staatsanwaltschaft Lübeck Anklage gegen einen Rechtsanwalt und Notar erhoben, da sie ihm zur Last legt, einen anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat – einer Insolvenzverschleppung gemäß §§ 15 a Abs. 1 S. 1, Abs. 4 Nr. 1 InsO – Beihilfe geleistet zu haben.

So habe der Angeklagte in seiner Funktion als Notar am 20.09.2017 den Geschäftsanteilskaufvertrag mit der Urkunden Nr. 367/2017 über den Verkauf und die Abtretung von Gesellschaftsanteilen, die Geschäftsführerabberufung und Neubestellung sowie die Sitzverlegung der pp. beurkundet. Hierbei soll er gewusst haben, dass die bei diesen Beurkundungen beteiligten Personen mit der Übernahme der Gesellschaftsanteile und der Geschäftsführung den Zweck verfolgten, dieser einer ordnungsgemäßen insolvenzrechtlichen Abwicklung zu entziehen. Trotz Zahlungsunfähigkeit der pp. am 31.10.2017 hätten pp und pp. innerhalb von drei Wochen keinen Insolvenzantrag gestellt, obwohl sie dazu verpflichtet gewesen seien. Das Amtsgericht Lübeck hatte im März 2021 daher einen Strafbefehl gegen pp. erlassen unter anderem wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung in Bezug auf die pp. Das Amtsgericht ging davon aus, dass die pp. spätestens am 31.10.2017 zahlungsunfähig gewesen sei.

Im Weiteren hat das Amtsgericht die Eröffnung des Hauptverfahrens aus tatsächlichen Gründen abgelehnt, da keine ausreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte zur Begründung eines hinreichenden Tatverdachts in Bezug auf die Begehung einer Straftat gemäß §§ 15 a Abs. 1 S. 1, Abs. 4 Nr. 1 InsO, 27 StGB vorliegen. Die ermittelten Umstände begründeten keine Beihilfehandlung des Angeklagten. So liege weder eine berufsuntypische Handlung des Angeklagten vor noch sei er in die Planungen von pp. einbezogen gewesen. Bei den Beurkundungen am 20.09.2017 habe der Angeklagte nicht erkannt, dass das Handeln auf die Begehung einer Insolvenzverschleppung gerichtet gewesen sei. Dies sah das Landgericht Lübeck zusammen mit der Staatsanwaltschaft Lübeck, die die Beschwerde eingelegt hat, anders.

„1. Hinreichender Tatverdacht liegt vor, wenn bei vorläufiger Tatbewertung auf Grundlage des Ermittlungsergebnisses die Verurteilungen einer Hauptverhandlung mit voll gültigen Beweismitteln wahrscheinlich ist. Die Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung in der Hauptverhandlung muss in der Regel höher sein als diejenige eines Freispruchs.

2. Auch ein faktischer Geschäftsführer ist nach §§ 15 a Abs. 1 S. 1, Abs. 4 Nr. 1 InsO strafrechtlich verantwortlich.

3. Bei einer berufstypischen Handlung liegt nur dann eine Beihilfehandlung vor, wenn der Handelnde weiß, dass das Handeln des Haupttäters ausschließlich auf die Begehung einer Straftat abzielt oder wenn das von ihm erkannte Risiko strafbaren Verhaltens des von ihm Unterstützten derart hoch war, dass es sich die Förderung eines erkennbar tatgeneigten Täters angelegen sein ließen.

4. Die Kenntnis eines Notars im Hinblick auf die Förderung einer Insolvenzverschleppung kann durch die Feststellung von Indizien belegt werden. Hierfür kommen unter anderem insbesondere in Betracht: Übertragung sämtlicher Geschäftsanteile an einen Dritten, Änderung der Firmierung, wiederholter Wechsel in der Person des Geschäftsführers, Sitzverlegungen der Gesellschaft an einen entfernt gelegenen Ort oder ins Ausland.“

LG Lübeck, Beschluss vom 27.03.2023 – 6 QS 33/22.

In unserer auf das Insolvenzrecht spezialisierten Kanzlei stehen wir Ihnen bei Fragen zu den Voraussetzungen einer Insolvenz sowie zu den Gefahren einer Insolvenzverschleppung gerne zur Verfügung.

 

 

Rechtsanwalt Manuel Ast


Insolvenzrecht - Schadensersatzpflicht des Wirtschaftsprüfers im Insolvenzverfahren

Insolvenzrecht – Schadensersatzpflicht des Wirtschaftsprüfers im Insolvenzverfahren

„1.
Die vom BGH entwickelten Grundsätze zur Haftung des Steuerberaters für die Erstellung eines unzutreffenden Jahresabschlusses – wie sie zuletzt in der Entscheidung des BGH vom 26.01.2017 (IX ZR 285/14) ihren Niederschlag gefunden haben – finden auch auf die Haftung des Wirtschaftsprüfers Anwendung.

2.
Eine Pflichtverletzung des Wirtschaftsprüfers scheidet aus, wenn der Lagebericht eine eindeutige Formulierung aufweist, aus welcher er schließen kann, dass der Geschäftsleitung ein Insolvenzrisiko bekannt war.“

LG Ingolstadt, Beschluss vom 22.05.2023 – 81 O 2018/22, Beck RS 2023, 20727.

Hintergrund

Der Kläger macht als Insolvenzverwalter der UG & Co. KG Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte aufgrund eines Insolvenzvertiefungsschadens geltend. Die im Jahr 2016 als GmbH & Co. KG gegründete UG (haftungsbeschränkt) & Co. KG bot auf dem Kapitalmarkt Kapitalanlagen an und bewarb diese. Das hierbei praktizierte Anlagemodell sah vor, dass private Anleger der Schuldnerin ein Darlehen gewähren. Die eingeworbenen Gelder sollten ihrerseits als Darlehen und Projektgesellschaften weitergereicht werden, die mit den Geldern Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien errichten und betreiben sollten. Die Darlehensverträge zwischen der Schuldnerin und den Anlegern einerseits und der Schuldnerin und den Projektgesellschaften andererseits enthielten jeweils qualifizierte Rangrücktrittsklauseln. Durch diese sollte das wirtschaftliche bzw. unternehmerische Risiko vollständig auf die Darlehensgeber verlagert werden. Die Schuldnerin beauftragte die Antragsgegnerin, den Jahresabschluss der Schuldnerin für das Jahr 2018 und den hierzu erstellten Lagebericht im Rahmen des ihr erteilten Prüfauftrags am 10.09.2019 zu erstellen. Der Jahresabschluss aus dem Jahr 2018 wurde von der Antragsgegnerin mit folgender Bemerkung versehen:

„Die Gesellschaft weist zum 31.12.2018 einen nicht durch Vermögensanlagen gedeckten Fehlbetrag aus. Eine Überschuldung im Sinne der Insolvenzordnung ist aufgrund der Rangrücktrittsvereinbarungen in den in der Gesellschaft gewährten Nachrangdarlehen nicht gegeben.“

Sie hat den erstellten Jahresabschluss für das Jahr 2018 am 10.09.2019 testiert. Der Antragsteller trägt vor, dass dem Geschäftsführer der Schuldnerin zwar die Problematik der Wirksamkeit der Nachrangklausel bekannt gewesen sei. Er habe demgegenüber den Zusammenhang zwischen der Unwirksamkeit der Nachrangklauseln an dem Fehlen einer positiven Führungsprognose nicht gekannt und damit keine Kenntnis von seiner Verpflichtung, einen Insolvenzantrag zu stellen, gehabt.

Für den Fall, dass der Geschäftsführer der Schuldnerin von der Beklagten auf das Fehlen einer positiven Fortführungsprognose hingewiesen worden wäre, wäre er seiner Verpflichtung, einen Insolvenzantrag zu stellen, umgehend nachgekommen. Die Antragsgegnerin sei zum Ersatz des entstandenen Insolvenzvertiefungsschaden verpflichtet.

Landgericht verneint Haftung des Wirtschaftsprüfers

Eine Haftung der Antragsgegnerin unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Hinweis- und Warnpflichten nach den §§ 280 Abs. 1, 675 Abs. 1 BGB kommt bereits deswegen nicht in Betracht, da die Antragsgegnerin bzw. der konkret für sie tätige Prüfer Grund zu der Annahme hatte, dass die Insolvenzschuldnerin sich der Umstände, die auf einen Insolvenzgrund hinweisen – hier die Problematik der Rechtswirksamkeit der Nachrangklauseln – bewusst und in der Lage war, die tatsächliche und rechtliche Bedeutung dieser Umstände einzuschätzen.

Der Lageplan ist ein selbstständiger Teil des Jahresabschlusses. Dieser wird zwar, wie auch die anderen Teile, vom Wirtschaftsprüfer testiert. Der Wirtschaftsprüfer erstellt jedoch den Lagebericht nicht selbst. Außerdem wurde der Lagebericht vom damaligen Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin gezeichnet. Lediglich das Testat am Ende des Jahresabschlusses stammt vom Wirtschaftsprüfer. Da beim Lagebericht der damalige Geschäftsführer somit selbst festgehalten hat, dass eine Überschuldung der Firma im insolvenzrechtlichen Sinne nur wegen der Rangrücktrittsvereinbarungen in den der Gesellschaft gewährten Nachrangdarlehen nicht gegeben sei, steht zur Überzeugung des Gerichts bereits positiv fest, dass dem Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin die tatsächliche und auch rechtliche Problematik der nach Rechtswirksamkeit der Nachrangklauseln bewusst und in der Lage war, die tatsächliche und rechtliche Bedeutung bewusst war.

Eine Pflichtverletzung des Wirtschaftsprüfers scheidet hier also aus, wenn der Lagebericht eine eindeutige Formulierung aufweist, aus welcher man erschließen kann, dass der Geschäftsleitung ein Insolvenzrisiko bekannt war. Es bleibt festzuhalten, dass aber grundsätzlich die vom BGH entwickelten Grundsätze zur Haftung des Steuerberaters für die Erstellung eines unzutreffenden Jahresabschlusses auch auf die Haftung eines Wirtschaftsprüfers Anwendung finden.

Unsere auf das Insolvenzrecht spezialisierten Anwälte stehen Ihnen bei der Geltendmachung und Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen gegen einen beauftragten Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater kompetent zur Verfügung.

 

Rechtsanwalt Manuel Ast


Insolvenzrecht - Schadensersatzpflicht des Rechtsberaters im Insolvenzverfahren

Insolvenzrecht – Schadensersatzpflicht des Rechtsberaters im Insolvenzverfahren

„1.
Die Einbeziehung eines Dritten in den Schutzbereich des zwischen Rechtsberater und Mandant geschlossenen Mandatsvertrags ist nicht allein deshalb ausgeschlossen, weil dem Berater im Verhältnis zum Mandanten nur eine Schutz- oder Fürsorgepflichtverletzung zur Last fällt.

2.
Die Hinweis- und Warnpflicht des Rechtsberaters bei möglichem Insolvenzgrund kann Drittschutz für den Geschäftsleiter der juristischen Person oder Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit entfalten; Voraussetzung ist ein Näheverhältnis zu der nach dem Mandatsvertrag geschuldeten Hauptleistung.

3.
In den Schutzbereich des Vertrags bei Verletzung der Hinweis- und Warnpflicht bei möglichem Insolvenzgrund kann auch ein faktischer Geschäftsleiter einbezogen sein.“

 

Hintergrund

Der BGH entschied in einem Fall, in welchem die Klägerin die Beklagte als Haftpflichtversicherer eines in insolvenzgefallenen Rechtsanwalts in Anspruch nimmt. Sie macht geltend, ihr stünden Schadensersatzansprüche aus abgetretenem Recht gegen den versicherten Rechtsanwalt zu, da dieser Hinweis- und Warnpflichten verletzt habe.

Zedenten des abgetretenen Schadensersatzanspruchs sind M und J. M Senior war bis Ende 2009 Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin der M GmbH & Co. KG. Danach wurde sein Sohn J Junior, Geschäftsführer. Die Klägerin behauptet, M Senior sei weiterhin faktisch als Geschäftsführer tätig gewesen. Die KG beauftragte den Rechtsanwalt ab Juli 2009 wiederholt mit ihrer Beratung. Auf Antrag vom 04.06.2012 wurde am 01.08.2012 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der KG eröffnet. Der Insolvenzverwalter nahm M und J wegen verbotener Zahlungen nach Insolvenzreife in Anspruch. Diese verpflichteten sich im Wege eines Vergleichs als Gesamtschuldner zu einer Zahlung in Höhe von 85.000,00 €. Die Zahlung wurde geleistet.

In Höhe dieses Betrags verlangt die Klägerin von dem beklagten Haftpflichtversicherer Schadensersatz. Sie meint, der Rechtsanwalt habe seine Beratungspflichten im Blick auf eine bestehende Insolvenzreife der KG verletzt; M und J sind als formaler und faktischer Geschäftsführer in den Schutzbereich der mit der KG geschlossenen Mandatsverträge einbezogen gewesen. Auf dieser Grundlage begehrt die Klägerin zudem Ersatz von Rechtsanwaltskosten in Höhe von 11.766,66 €, die M und J in der rechtlichen Auseinandersetzung mit dem Insolvenzverwalter über den geltend gemachten Anspruch wegen Zahlungen nach Insolvenzreife entstanden sind.

Landgericht gibt Klage statt

Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 96.766,66 € stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin den Anspruch weiter.

BGH – Klägerin hat Anspruch auf Schadensersatz

Nach Auffassung des BGH hat das Berufungsgericht sich nach Beweisaufnahme nicht davon überzeugen können, dass der Rechtsanwalt im Sinne einer Hauptpflicht gehalten gewesen sei, auf einen möglichen Insolvenzgrund und die daran anknüpfenden Handlungspflichten der organschaftlichen Vertreter der KG hinzuweisen. Ob eine entsprechende Nebenpflicht bestanden habe, hat das Berufungsgericht offengelassen. Insoweit fehle es an einer Einbeziehung der Vertreter in den Schutzbereich des zwischen dem Rechtsanwalt und der KG geschlossenen Mandatsverträge. Bestünden bloß nebenvertragliche Hinweis- und Warnpflichten, etwa wenn sich im Zusammenhang mit der anwaltlichen Tätigkeit als Punkte für die Gefahr einer Insolvenz des Mandanten ergeben, führe es zu weit, den organschaftlichen Vertreter in den haftungsrechtlich relevanten Schutzbereich des Vertrags zwischen der Gesellschaft und dem Rechtsanwalt auch hinsichtlich der Verletzung solcher bloß nebenvertraglichen Pflichten einzubeziehen. Dem folgt der BGH nicht.

Die Einbeziehung eines Dritten in den Schutzbereich des zwischen Rechtsberater und Mandant geschlossenen Beratungsvertrages ist nicht allein deshalb ausgeschlossen, weil dem Berater im Verhältnis zum Mandanten nur eine Schutz- oder Fürsorgepflichtverletzung (§ 241 Abs. 2 BGB) zur Last fällt.

Vor diesem Hintergrund kann offenbleiben, ob es revisionsrechtlicher Prüfung standhält, dass sich das Berufungsgericht nicht hat von einer Haftpflicht des Rechtsanwalts überzeugen können, auf eine mögliche Insolvenzreife der KG und die daran anknüpfenden Handlungspflichten hinzuweisen. Die Einbeziehung eines Dritten in den Schutzbereich eines Vertrags kommt auch dann in Betracht, wenn der Vertragsschuldner nur eine Schutz- oder Fürsorgepflicht verletzt hat. Auch die Hinweis- und Warnpflicht des Rechtsberaters bei möglichem Insolvenzgrund kann Drittschutz entfalten. Die Insolvenzantragspflicht begründet Handlungspflichten für den Geschäftsleiter; missachtet er die Antragspflicht, drohen ihm persönlich Haftungsfolgen. Die Haftungsfolgen sind im Fremdinteresse angeordnet, nicht aber im Interesse des Mandanten. Es handelt sich materiell um eine Haftung im Interesse der Gesamtheit der Gläubiger der insolvenzreifen Gesellschaft, um die verteilungsfähige Vermögensmasse zu erhalten und eine zum Nachteil der Gesamtheit der Gläubiger gehende, bevorzugte Befriedigung einzelner Gläubiger zu verhindern.

Die Insolvenzantragspflicht und die Haftung im Fremdinteresse, welche den Drittschutz begründen, sind der maßgebliche Unterschied zu der Fallgestaltung, in der die Beratung für Entscheidungen des Mandanten Gegenstand des Mandatsvertrags ist und für den Vertreter die Gefahr besteht, auf der Grundlage der Beratung seinerseits seine gegenüber dem Mandanten bestehenden Pflichten zu verletzen. Verhält es sich so, scheiden Schutzwirkungen des Mandatsvertrags zugunsten des Vertreters im Allgemeinen aus. Die Hinweis- und Warnpflicht bei möglichem Insolvenzgrund greift nur unter engen Voraussetzungen ein. Geschuldet sind Hinweis oder Warnung erst, wenn dem Berater der mögliche Insolvenzgrund bekannt wird, dieser führend offenkundig ist oder der Insolvenzgrund sich ihm bei ordnungsgemäßer Bearbeitung des Mandats aufdrängt. Die bloße Erkennbarkeit reicht nicht aus. Ferner muss der Berater Grund zur Annahme haben, dass sich der Geschäftsleiter nicht über den möglichen Insolvenzgrund und die daraus folgenden Handlungspflichten bewusst ist. Die Hinweis- und Warnpflicht erfordert keine eigenständige Prüfung oder Ermittlung des Insolvenzgrundes.

In unserer auf das Insolvenz- und Gesellschaftsrecht spezialisierten Kanzlei stehen wir Ihnen bei der Geltendmachung und Durchsetzung von Schadensersatzverpflichtungen eines Rechtsberaters im Insolvenzverfahren kompetent zur Verfügung.

 

Rechtsanwalt Manuel Ast


Insolvenzrecht - Anspruch des vom Insolvenzverwalter in Anspruch genommenen Geschäftsführers der Insolvenzschuldnerin auf Einsicht in die Verfahrensakten des Insolvenzverfahrens

Insolvenzrecht – Anspruch des vom Insolvenzverwalter in Anspruch genommenen Geschäftsführers der Insolvenzschuldnerin auf Einsicht in die Verfahrensakten des Insolvenzverfahrens

„1.
Der Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin, der sich gegen einen Anspruch aus § 64 S. 1 GmbHG a. F. verteidigen will, hat ein berechtigtes Interesse auf Einsicht in die Verfahrensakten des Insolvenzverfahrens.

2.
Im Rahmen der Ermessensentscheidung über den Auskunftsanspruch ist von der Gerichtsverwaltung das Geheimhaltungsinteresse der Verfahrensbeteiligten gegen das Informationsinteresse des Geschäftsführers abzuwägen.“

Hintergrund

In dem vom OLG zu entscheidenden Fall wurde der Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin vom Insolvenzverwalter vor dem Landgericht Heidelberg nach § 64 S. 1 GmbHG a. F. wegen Zahlungen in Höhe von insgesamt knapp 5,5 Mio. € in Anspruch genommen, die von dem Antragsteller als Geschäftsführer zwischen dem Zeitpunkt der Insolvenzreife im Februar 2014 und dem durch den Antragsteller im März 2014 gestellten Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens wegen drohender Zahlungsunfähigkeit vorgenommen worden seien.

Der Geschäftsführer der Schuldnerin hat bei dem Antragsgegner Einsicht in die gerichtlichen Verfahrensakten des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin beantragt, um die von dem Insolvenzverwalter geltend gemachten Ansprüche zu überprüfen. Dem ist der Insolvenzverwalter entgegengetreten. Das Auskunftsrecht des Antragstellers beschränke sich auf die Einsichtnahme in die Buchhaltungsunterlagen des schuldnerischen Unternehmens. Diese Unterlagen seien auch zur Verfügung gestellt worden. Es fehle an einem erforderlichen rechtlichen Interesse an der begehrten Akteneinsicht.

Der Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin hat sein rechtliches Interesse dann dahingehend konkretisiert, dass er auf die Einsicht in die Verfahrensakten des Insolvenzverfahrens angewiesen sei, um in Erfahrung zu bringen, ob der Insolvenzverwalter Zahlungen an Gläubiger, wegen derer Ansprüche aus § 64 GmbHG a. F. geltend gemacht werden, erfolgreich gemäß der §§ 129 ff. InsO angefochten habe.

OLG – Anspruch Geschäftsführer besteht

Das OLG Karlsruhe urteilte, dass dem Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin ein Akteneinsichtsrecht aus § 4 InsO i.V.m. § 299 Abs. 2 ZPO zusteht. Eine Entscheidung über ein Akteneinsichtsgesuch eines Dritten gemäß § 299 Abs. 2 ZPO stellt einen Justizverwaltungsakt im Sinne des § 23 Abs. 1 S. 1 EGGVG dar. § 299 Abs. 2 ZPO setzt voraus, dass persönliche Rechte des Antragstellers durch den Gegenstand des Verfahrens, in dessen Akteneinsicht begehrt wird, berührt werden. Dabei muss sich das rechtliche Interesse aus der Rechtsordnung selbst ergeben und verlangt als Mindestbedingung ein auf Rechtsnormen beruhendes oder durch solche geregeltes gegenwärtiges Verhältnis einer Person zu einer anderen Person oder zu einer Sache. Danach muss das vom Einsichtsgesuch betroffene Verfahren selbst oder zumindest dessen Gegenstand für die rechtlichen Belange des Antragstellers von konkreter rechtlicher Bedeutung sein.

Nach Ansicht des OLG Karlsruhe liegen diese Voraussetzungen hier vor. Der Antragsteller begehrt Akteneinsicht, um sich gegen einen Anspruch aus § 64 S. 1 GmbHG a. F. zu verteidigen. Dieser setzt voraus, dass von der Gemeinschuldnerin nach Eintritt ihrer Zahlungsunfähigkeit oder nach Feststellung ihrer Überschuldung Zahlungen geleistet worden sind. Für die Verteidigung kommt es unter anderem maßgeblich darauf an, ob und wann Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin eingetreten ist. Eben diese Zahlungsunfähigkeit ist aber Gegenstand des Insolvenzverfahrens.

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 01.04.2023 – 24 VA 4/22

In unserer interdisziplinären Kanzlei beraten wir insbesondere Geschäftsführer im Umgang mit einer drohenden Zahlungsunfähigkeit oder während eines bestehenden Insolvenzverfahrens.

 

Rechtsanwalt Manuel Ast