Insolvenzanfechtungsrecht - Neuigkeiten im Insolvenzverfahren der P & R Container

Insolvenzanfechtungsrecht – Neuigkeiten im Insolvenzverfahren der P & R Container

Zum 31.12.2021 erhielten zahlreiche Anleger der P & R Container Vertriebs und Verwaltungs- GmbH Mahnbescheide vom Insolvenzverwalter der P & R sofern sie vorab keine Hemmungsvereinbarung unterschrieben hatten. Dies hat den Hintergrund, dass die Insolvenzverwalter gegenüber den Anlegern Insolvenzanfechtungsansprüche aus Schenkungsanfechtung gemäß § 134 InsO durchsetzen möchten und zum 31.12.2021 Verjährung eingetreten wäre. Die Insolvenzverwalter sind daher im Vorfeld auf die Anlieger zugegangen und haben darum gebeten, dass diese eine Verjährungshemmungsvereinbarung unterzeichnen. Dies um eine Hemmung der Verjährung der Ansprüche so lange zu erreichen, bis die Pilotverfahren abgeschlossen und die Angelegenheit höchstrichterlich entschieden wurde. Gegen die Mahnbescheide wurden dann in aller Regel Widersprüche eingelegt. Anstatt einer Anspruchsbegründung haben die Insolvenzverwalter nun zu den erstinstanzlichen Gerichten, an die das Verfahren vom zentralen Amtsgericht Coburg als Mahngericht abgegeben wurde, erneute Verjährungshemmungsvereinbarungen übermittelt, damit die Anleger diese unterzeichnen. Angeblich hätte man die entsprechende Anspruchsbegründung bereits im Entwurf vorliegen. Um den Anlegern aber entgegenzukommen, würde man nochmal die Möglichkeit eröffnen, eine Verjährungshemmungsvereinbarung abzuschließen, um den Ausgang der Pilotverfahren abzuwarten.

In unserer Kanzlei haben wir unseren Mandanten ausdrücklich davon abgeraten, eine Verjährungshemmungsvereinbarung zu unterzeichnen. Dies würde den Insolvenzverwaltern nur in die Karten spielen. So sind die Insolvenzverwalter nun gezwungen, ihren Anspruch zu begründen und erstinstanzliche Verfahren durchzustreiten. Die Insolvenzverwalter begründen ihren Insolvenzanfechtungsanspruch insbesondere mit § 134 InsO und tragen vor, dass sämtliche Zahlungen der Schuldnerin an die Anleger als unentgeltliche Leistungen gemäß § 134 InsO anfechtbar wären. Dem kann nicht gefolgt werden. Die Voraussetzungen der Schenkungsanfechtung sind nicht gegeben. Nach dem Inhalt des zwischen den Insolvenzverwaltern und den Anlegern geschlossenen Kauf- und Verwaltungsvertrag kann weder im Hinblick auf den von dem Anleger erhaltenen Rückkaufpreis noch auf die Tagesmietzinsen eine unentgeltliche Leistung angenommen werden (vgl. OLG München, Beschluss vom 20.05.2021 – 5 U 747/20; OLG Karlsruhe, Hinweisbeschluss vom 20.10.2021 – 3 U 18/20; OLG Hamm, Urteil vom 15.06.2021 – I-27 U; LG Karlsruhe, Urteil vom 10.07.2020, 20 O 42/20; LG Bochum, Urteil vom 04.09.2020, I-2 O 724/20; Landgericht Stuttgart, Urteil vom 08.10.2020 – 27 O 34/20; Landgericht Saarbrücken, Urteil vom 24.06.2021 – 4 O 52/20). Weiter sind auch die Voraussetzungen der übrigen Insolvenzanfechtungstatbestände nicht gegeben, weshalb der geltend gemachte Insolvenzanfechtungsanspruch der Insolvenzverwalter nicht durchsetzbar ist.

Wir raten daher davon ab, etwaige Verjährungshemmungsvereinbarungen zu unterzeichnen.

Unsere auf das Insolvenzrecht spezialisierte Kanzlei steht Ihnen bei der Abwehr von Insolvenzanfechtungsansprüche im Zusammenhang mit dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der P & R Container Verwaltungs- GmbH kompetent zur Verfügung.

Rechtsanwalt Manuel Ast


Insolvenzrecht – Hinweisbeschluss des OLG Düsseldorf vom 23.05.2022 – I – 12 O 42/21

Insolvenzrecht – Hinweisbeschluss des OLG Düsseldorf vom 23.05.2022 – I – 12 O 42/21

 

  1. Zu den einem Gesellschafterdarlehen gleichgestellten Forderungen gehören auch Darlehensforderungen von Unternehmen, die mit dem Gesellschafter horizontal oder vertikal verbunden sind. Für diese Verbindung genügt eine mittelbare Beteiligung sowohl am Schuldnerunternehmen als auch (mehrheitlich) an der darlehensgebenden Gesellschaft.
  2. Die Beweislast für das Nichtvorliegen der Voraussetzungen für die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht nach § 1 COVInsAG obliegt dem Insolvenzverwalter. Steht fest, dass der Schuldner bereits am 31.12.2019 zahlungsunfähig war, weil er seine Zahlungen eingestellt hatte, greift die Vermutung des § 1 Abs. 1 Satz 3 COVInsAG nicht zu Gunsten des Anfechtungsgegners ein. Der Nachweis des Nichtberuhens der Insolvenzreife auf den Folgen der Covid-19-Pandemie kann aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung des Schuldners vor dem Stichtag mit Blick darauf, dass bis zum 31.12.2019 keine Anzeichen für eine corona-bedingte Wirtschaftskrise bestanden, als geführt anzusehen seien.

 

Rechtsanwalt Manuel Ast


Insolvenzrecht – Ersatzpflicht rechtswidriger Zahlungen: Exculpation des Geschäftsführers einer Konzern-GmbH durch für den Gesamt-Konzern eingeholtes Insolvenzgutachten

Insolvenzrecht – Ersatzpflicht rechtswidriger Zahlungen: Exculpation des Geschäftsführers einer Konzern-GmbH durch für den Gesamt-Konzern eingeholtes Insolvenzgutachten

 

  1. Ein vom Insolvenzverwalter als Indiz der Überschuldung vorgelegter Jahresabschluss ist nicht schon deswegen ohne Aussagekraft, weil er vor Insolvenzeröffnung nicht mehr förmlich beschlossen und vom Geschäftsführer unterzeichnet werden konnte. Vielmehr sind dem Geschäftsführer konkrete Einwendungen in der Sache zumutbar.
  2. Zur Frage, ob sich der Geschäftsführer einer konzernangehörigen GmbH zur Exculpation auf ein Anwaltsgutachten stützen kann, welches das Vorliegen von Insolvenztatbeständen im Wege einer reinen Konzernbetrachtung verneint.
  3. Hat der auf die Erstattung von Zahlungen in der Insolvenz in Anspruch genommene Geschäftsführer die sorgfältige Plausibilitätskontrolle einer Insolvenzbegutachtung unterlassen, kann er nicht geltend machen, bei deren Vorname hätte ihm der Fehler des Begutachtenden nicht auffallen müssen.

KG Berlin, Urteil vom 28.04.2022, AZ: 2 U 39/18

In unserer auf das Insolvenzrecht spezialisierten Kanzlei stehen wir Ihnen bei sämtlichen Fragestellungen des Insolvenzrechts, insbesondere auch bei Fragen zur Geschäftsführerhaftung bei einer GmbH gerne zur Verfügung.

 

Rechtsanwalt Manuel Ast


Sanierung und Insolvenz - LG Dresden zur Begründung einer Beschwerde gegen die gerichtliche Bestätigung eines Restrukturierungsplans

Sanierung und Insolvenz – LG Dresden zur Begründung einer Beschwerde gegen die gerichtliche Bestätigung eines Restrukturierungsplans

 

Die Entscheidung des Landgerichts Dresden vom 01.07.2021 – 5 T 363/21 – richtete sich gegen den Beschluss des AG Dresden vom 07.06.2021 zum StaRUG (AZ: 574 RES 2/21).

Der Tenor des Beschlusses des Amtsgerichts liest sich wie folgt:

  1. Für die Beurteilung der Schlechterstellung eines Planbetroffenen ist das nächstbeste Alternativszenario maßgeblich, das heißt, die Situation, in der sich der Gläubiger im Fall des Scheiterns des Plans wiederfinden würde. Eine Liquidation als bestes Alternativszenario darf nur dann unterstellt werden, wenn ein Verkauf des Unternehmens oder eine anderweitige Fortführung aussichtslos ist.
  2. Die Weiterführung des Unternehmens bedeutet nicht zwangsläufig, dass dem Schuldner ein wirtschaftlicher Wert zugewendet wird. Dies ist nur dann der Fall, wenn auch ein fremder Dritter bereit gewesen wäre, das Unternehmen an der Stelle des Schuldners fortzuführen. Wenn kein Dritter bereit ist an Stelle des Schuldners das Unternehmen zu den im Plan vorgesehenen Bedingungen fortzuführen, kann im Zweifel nicht angenommen werden, dass der Schuldner durch den Plan einen wirtschaftlichen Wert erhält.

Das LG Dresden benötigte zur Entscheidung über die Beschwerde gegen die vorgehend zitierte Entscheidung des AG Dresden, dann auch nur bis zum 01.07.2021 (AZ: 5 T 363/21).

Die Verwerfung der Beschwerde kann man wie folgt zusammenfassen:

  1. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 66 Abs. 2 Nr. 3 StaRUG muss der Beschwerdeführer glaubhaft machen, dass er ohne den Plan wesentlich schlechter gestellt wird, als er mit dem Plan stünde.
  2. Dieser Nachteil kann nicht durch eine Zahlung aus den Mitteln ausgeglichen werden, die nach dem gestaltenden Teil des Restrukturierungsplanes für den Fall bereit gestellt werden, dass ein Planbetroffener seine Schlechterstellung nachweist.

Die Entscheidung des Landgerichts Dresden reiht sich in die im letzten Jahr veröffentlichten bekannt gewordenen Gerichtsentscheidungen ein.

In unserer auf das Insolvenz- und Sanierungsrecht spezialisierten Kanzlei stehen wir Ihnen bei allen Fragen hinsichtlich der Voraussetzungen von Restrukturierungsplänen sowie der Anwendung des StaRUG kompetent zur Verfügung.

 

Rechtsanwalt Manuel Ast


Sanierung und Insolvenz - AG Hamburg zum neuen StaRUG

SANIERUNG UND INSOLVENZ – AG HAMBURG ZUM NEUEN STARUG

Das Amtsgericht Hamburg hat bereits im vergangenen Jahr zum neuen StaRUG entschieden. So hat das Gericht mit Beschluss vom 12.04.2021 – 61 A RES 1/21 – den ihm vorgelegten Restrukturierungsplan auf Antrag des Schuldners bestätigt. Dort war im Rahmen der Planabstimmung zwar in der zweiten von drei Gruppen die erforderliche Dreiviertelmehrheit nicht erreicht worden. Das Gericht sah jedoch die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 StaRUG als gegeben an. Dieser sieht vor, dass die Zustimmung in einer Plangruppe, in der die nach § 25 Abs. 1 StaRUG erforderliche Mehrheit nicht erreicht wird, trotz fehlender Dreiviertelmehrheit als erteilt gilt, wenn die Mitglieder dieser Gruppe durch den Restrukturierungsplan voraussichtlich nicht schlechter gestellt werden, als sie ohne einen Plan stünden (Nr. 1), die Mitglieder dieser Gruppe angemessen an dem wirtschaftlichen Wert beteiligt werden, der auf Grundlage des Plans den Planbetroffenen zufließen soll (Nr. 2) und die Mehrheit der abstimmenden Gruppen dem Plan mit den erforderlichen Mehrheiten zugestimmt hat (Nr. 3).

Das AG Hamburg setzte sich hierbei insbesondere mit dem Merkmal des „Nichtschlechterstellens“ auseinander. Das Gericht teilt hierzu die Auffassung, wonach als Vergleichsmaßstab für die Nichtschlechterstellung nicht automatisch ein Insolvenzverfahren mit einem Liquidationsszenario heranzuziehen ziehen, sondern vielmehr grundsätzlich auf das nächstbeste Alternativszenario abzustellen sei. Sofern sich aber kein konkretes und verlässliches Alternativszenario unter Ansatz von Fortführungswerten darstellen lasse, sei die Insolvenz des Schuldners Vergleichsmaßstab.

In unserer auf das Insolvenz- und Sanierungsrecht spezialisierten Kanzlei stehen wir Ihnen bei sämtlichen Fragestellungen des Insolvenzrechts kompetent zur Verfügung.

 

Rechtsanwalt Manuel Ast


Insolvenzanfechtungsrecht - BGH zur Rückgewährklage eines Insolvenzverwalters nach Insolvenzanfechtung: Zahlungsunfähigkeit als Indiz für den Benachteiligungsvorsatz

Insolvenzanfechtungsrecht – BGH zur Rückgewährklage eines Insolvenzverwalters nach Insolvenzanfechtung: Zahlungsunfähigkeit als Indiz für den Benachteiligungsvorsatz

Das Urteil des BGH vom 24.02.2022 – IX ZR 250/20 enthält neuerliche Ausführungen zu den Anforderungen an den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners im Rahmen des § 133 Abs. 1 InsO sowie zu den Tatbestandsmerkmalen der Anfechtung nach den §§ 134, 135 InsO.

Der Leitsatz zu § 133 Abs. 1 S. 1 InsO lautet wie folgt:

Die Zahlungsunfähigkeit stellt nur dann ein Indiz für den Benachteiligungsvorsatz dar, wenn der Schuldner seine Zahlungsunfähigkeit erkannt hat. Hält der Schuldner eine Forderung, welche die Zahlungsunfähigkeit begründet, aus Rechtsgründen für nicht durchsetzbar oder nicht fällig, steht dies einer Kenntnis entgegen, sofern bei einer Gesamtwürdigung der Schluss auf die Zahlungsunfähigkeit nicht zwingend nahelegt.

Hintergrund

Der Kläger ist Insolvenzverwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der K-GmbH. Das Stammkapital der Schuldnerin betrug € 25.000,00. Die Beklagte war Gesellschafterin der Schuldnerin und ursprünglich in Höhe von € 24.250,00 am Stammkapital der Schuldnerin beteiligt.

Am 23. Juli 2015 schlossen die Beklagte und die Schuldnerin als Lizenznehmerin einen Lizenzvertrag, wonach die Beklagte für bestimmte Patente, Marken und Know-How eine ausschließliche Lizenz erteilte. Die Schuldnerin versprach eine jährliche Lizenzgebühr in Höhe von € 180.000,00, von der zunächst € 15.000,00 zur Auszahlung kommen sollten. Zudem bestimmte der Vertrag, das in 2015 die anteilige Lizenzgebühr in Höhe von € 15.000,00 spätestens zum 31.12.2015 fällig wird. Am selben Tag schlossen die Schuldnerin und die Beklagte eine gesonderte Rangrücktrittsvereinbarung. Diese bestimmte, dass von der Forderung aus dem Lizenzvertrag € 15.000,00 von der Schuldnerin bezahlt werden und über die verbleibenden € 165.000,00 die Beklagte mit allen gegenwärtigen und zukünftigen Ansprüchen aus und im Rang hinter sämtliche Ansprüche aller gegenwärtigen und zukünftigen Gläubiger der Schuldnerin zurücktritt. Am 22. Februar 2016 überwies die Schuldnerin € 15.000,00 unter Bezugnahme auf den Lizenzvertrag an die Beklagte.

Am 10. Juni 2016 stellte die Schuldnerin einen Insolvenzantrag. Das Insolvenzgericht eröffnete das Insolvenzverfahren mit Beschluss vom 21. September 2016 und bestellte den Kläger zum Insolvenzverwalter. Der Kläger verlangt die Rückzahlung der am 22. Februar 2016 gezahlten € 15.000,00. Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das OLG die Klage hinsichtlich des Anfechtungsanspruchs abgewiesen. Mit seiner zugelassenen Revision strebt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils an. Diese Revision hat Erfolg.

BGH: Schuldner muss seine Zahlungsunfähigkeit erkennen

In den Entscheidungsgründen wiederholt der BGH zunächst seine Ausführungen, wonach die subjektiven Tatbestandsmerkmale der Vorsatzanfechtung, da es sich um innere, den Beweis nur uneingeschränkt zugängliche Tatsachen handelt, meist nur mittelbar aus objektiven Tatsachen hergeleitet werden können. Soweit dabei Rechtsbegriffe wie die Zahlungsunfähigkeit betroffen sind, muss deren Kenntnis außerdem oft aus der Kenntnis von Anknüpfungstatsachen erschlossen werden. Diese Anknüpfungstatsachen sind sodann vom Tatrichter zu würdigen. Der Benachteiligungsvorsatz kann nicht allein darauf gestützt werden, dass der Schuldner im Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung erkanntermaßen zahlungsunfähig war. Hinzukommen muss dann, dass der Schuldner weiß oder in Kauf nimmt, auch künftig seine Gläubiger nicht befriedigen zu können.

Allerdings stellt die Zahlungsunfähigkeit nur dann ein Indiz für den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz dar, wenn der Schuldner seine Zahlungsunfähigkeit erkannt hat. Ob der Schuldner seine Zahlungsunfähigkeit erkannt hat, hängt in erster Linie davon ab, ob er die Tatsachen kennt, welche die Zahlungsunfähigkeit begründen, und ob die gesamten Umstände zwingend auf eine eingetretene Zahlungsunfähigkeit hinweisen. Hierzu muss der Schuldner nicht nur die Forderung kennen, sondern auch deren Fälligkeit. Hält der Schuldner eine Forderung, welche die Zahlungsunfähigkeit begründet, aus Rechtsgründen für nicht durchsetzbar oder nicht fällig, steht dies einer Kenntnis entgegen, sofern bei einer Gesamtwürdigung der Schluss auf die Zahlungsunfähigkeit nicht zwingend naheliegt. Der Schluss auf die Zahlungsunfähigkeit liegt zwingend nahe, wenn sich ein redlich denkender, der vom Gedanken auf den eigenen Vorteil nicht beeinflusst ist, angesichts der ihm bekannten Tatsachen der Einsicht nicht verschließen kann, der Schuldner sei zahlungsunfähig.

Vorliegend ging die Schuldnerin im Zeitpunkt der angefochtenen Zahlung nicht davon aus, zahlungsunfähig zu sein. Aufgrund der schwierigen und streitigen Rechtsfragen durfte die Schuldnerin auch davon ausgehen, dass die gegen sie gerichteten Forderungen nicht fällig waren. Die Schuldnerin hatte damals ihre Zahlungsunfähigkeit jedenfalls nicht erkannt, der Schluss auf das Vorliegen der Zahlungsunfähigkeit war im entscheidenden Fall nicht zwingend. Da vom Kläger keine weiteren Indizien vorgelegt wurden, die einen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz gestützt hätten, wurde § 133 Abs. 1 InsO vom BGH verlangt.

Fazit

Bereits mit dem Urteil vom 06.05.2021 – IX ZR 72/20 – hat der neunte Zivilsenat des BGH seine Rechtsprechungsänderung zur Vorsatzanfechtung nach § 133 InsO eingeleitet. Kernaussage dieser Entscheidung war, dass für das Vorliegen des Tatbestandsmerkmals des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes die Kenntnis des Schuldners erforderlich ist, auch künftig seine Gläubiger nicht vollständig bezahlen zu können. Diese Rechtsprechungsänderung wurde mit dem bereits von uns vorgestellten Urteil vom 10.02.2022 – IX ZR 148/19 – konkretisiert. Danach fehlt einem Anfechtungsgegner, der nur das Zahlungsverhalten des Schuldners ihm gegenüber kennt, in der Regel der für die Beurteilung einer drohenden Zahlungsunfähigkeit erforderliche Überblick über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners. Weitere Konkretisierungen insbesondere zu den Anforderungen an den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners enthalten die ebenfalls von uns vorgestellten Urteile vom 24.02.2022 – IX ZR 2050/20 sowie vom 03.03.2022 – IX ZR 53/19.

 

Rechtsanwältin Alexandra Lades


Insolvenzanfechtungsrecht - BGH zur Relevanz der insolvenzrechtlichen Überschuldung im Rahmen der Vorsatzanfechtung

Insolvenzanfechtungsrecht – BGH zur Relevanz der insolvenzrechtlichen Überschuldung im Rahmen der Vorsatzanfechtung

Der BGH hat in mehreren Entscheidungen die Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung im Sinne des § 133 InsO konkretisiert und die Anforderungen an den Insolvenzverwalter für den Nachweis der subjektiven Merkmale erhöht, wie wir bereits in den vorangegangenen Blogs berichtet haben. Diese Linie führt der BGH nun auch in seiner Entscheidung vom 03.03.2022 – IX ZR 53/19 – fort.

Hintergrund

In dem Fall ging es um die Frage, welche Bedeutung der insolvenzrechtlichen Überschuldung für den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners und die Kenntnis des Anfechtungsgegners von diesem Vorsatz zukommt. Die Karlsruher Richter stellten zunächst klar, dass die insolvenzrechtliche Überschuldung insoweit ein eigenständiges Beweisanzeichen darstellt. Seine Stärke hängt davon ab, mit welcher Wahrscheinlichkeit die Überschuldung den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners erwarten lässt und wann der Eintritt bevorsteht. Insolvenzrechtlich überschuldet ist ein Rechtsträger, der nicht über ausreichend Vermögen verfügt, um seine bestehenden Verbindlichkeiten zu decken. Hinzutreten muss, dass die Fortführung des Unternehmens bis zum Ende eines zwölfmonatigen Prognosezeitraums nicht überwiegend wahrscheinlich ist. Eine negative Fortführungsprognose ist nach dem späteren Eintritt der Zahlungsunfähigkeit wahrscheinlich. Die Zahlungsunfähigkeit kann unmittelbar bevorstehen, sie kann aber auch erst am Rande des Prognosezeitraums eintreten. Es bedarf daher zusätzlicher, in der Art und Weise der Rechtshandlung liegender Umstände, um den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners zu begründen. Mit Blick auf die Kenntnis des Anfechtungsgegners würde es nicht genügen, dass der Gläubiger, hier das Finanzamt, weiß, dass der Schuldner bilanziell überschuldet ist. Für die Annahme einer Überschuldung fehlt es nämlich an einer gesetzlichen Vermutung, weshalb der nach § 133 Abs. 1 InsO anfechtende Insolvenzverwalter den Eintritt der insolvenzrechtlichen Überschuldung voll beweisen muss.

Vortrag zur negativen Fortführungsprognose erforderlich

Dies gilt auch für die negative Fortführungsprognose. Kumulativ ist erforderlich, dass die insolvenzrechtliche Überschuldung dem Anfechtungsgegner bekannt geworden ist. Auf diesem zum Grundsatz soll der Insolvenzverwalter darlegen und beweisen. Der Nachweis der insolvenzrechtlichen Überschuldung wird im Anfechtungsprozess grundsätzlich nicht durch eine Handelsbilanz erleichtert, die einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag ausweist. Im Anfechtungsprozess ist daher nicht ausreichend, dass der Verwalter nur eine rechnerische Überschuldung darlegt, da daneben eine negative Fortführungsprognose und die Kenntnis des Anfechtungsgegners von dieser erforderlich sind. Vom außenstehenden Gläubiger kann nämlich nicht erwartet werden, dass er Umstände darlegt, dies aus damaliger Sicht rechtfertigten, das schuldnerische Unternehmen fortzuführen. Vielmehr ist grundsätzlich der Verwalter gehalten, zur negativen Fortführungsprognose vorzutragen. Dies gilt gleichermaßen für den Nachweis der Kenntnis des Anfechtungsgegners von der Überschuldung, selbst wenn diesem eine solche Handelsbilanz bekannt geworden ist.

Fazit

Der BGH hat die Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung nach § 133 InsO also auch mit dieser Entscheidung erheblich verschärft. Der Beobachtungs- und Erkundigungsobliegenheit, die Verwalter in der Praxis oft sehen bzw. unterstellen, hat er eine gründliche Absage erteilt. Eine rechtliche Prüfung insolvenzanfechtungsrechtlicher Rückforderungsansprüche dürfte die Verteidigungschancen künftig weiter erhöhen.

Unsere auf das Insolvenzrecht spezialisierten Anwälte stehen Ihnen in Bezug auf das Insolvenzanfechtungsrecht kompetent zur Verfügung.

 

Rechtsanwältin Alexandra Lades


Insolvenzanfechtungsrecht – BGH zum Gläubigerbenachteiligungsvorsatz bei Sanierungsversuch

Insolvenzanfechtungsrecht – BGH zum Gläubigerbenachteiligungsvorsatz bei Sanierungsversuch

Bezahlt ein Unternehmen einen Sanierungsberater für ein Konzept, um die Insolvenz abzuwenden, liegt dem BGH zufolge nicht ohne weiteres der Vorsatz, andere Gläubiger zu benachteiligen, vor. Vielmehr müsse der Insolvenzverwalter darlegen und beweisen, dass das Sanierungskonzept von vornherein untauglich war und diese Tatsache dem Schuldner auch bekannt war. Die Insolvenzanfechtung eines Beraterhonorars in Höhe von rund 4,5 Mio. € ist daher vorläufig fehlgeschlagen.

BGH, Urteil vom 03.03.2022 – IX ZR 78/20

Hintergrund

Nach dem Einbruch im Photovoltaik-Markt geriet der weltweit agierende Konzern „Q-CELLS“ im Jahr 2011 in eine finanzielle Krise. Es wurde eine Rechtsanwaltsgesellschaft engagiert, um ein Sanierungskonzept zu erstellen. Um die Insolvenz zu vermeiden, riet die Sanierungsberaterin, dass Verbindlichkeiten aus Wandelschuldverschreibungen in Eigenkapital umgewandelt werden. Dafür musste jeder einzelne Anleihe-Gläubiger seine Zustimmung erteilen. Die Gläubigerversammlung stimmte zwar mehrheitlich zu, aber bestimmte Gläubiger erhoben Anfechtung- und Nichtigkeitsklagen.

Die Rechtsanwaltsgesellschaft stellte für die Beratungstätigkeit laufend Rechnungen in Höhe von insgesamt rund 4,5 Mio. €, die von dem Konzern auch beglichen wurden. Sie erhielten keine Angaben über die konkret abgerechneten Tätigkeiten. Nach knapp vier Monaten stellte Q-CELLS aber doch einen Insolvenzantrag. Der Insolvenzverwalter forderte das Honorar des Sanierungsberaters zurück. Das LG Frankfurt am Main gab der Klage statt, das OLG Frankfurt setzt die Rückzahlungssumme auf rund 0,5 Mio. € herab. Beide Parteien wandten sich an den BGH.

Gläubigerbenachteiligungsvorsatz bei Rettungsversuch

Unternimmt ein Unternehmen einen Versuch, die Insolvenz abzuwenden, indem es einen Sanierungsberater engagiert, muss der Insolvenzverwalter dem BGH zufolge für die Anfechtung der Honorarzahlung nach § 133 Abs. 1 InsO darlegen. Auch müsse er beweisen, dass dieser Sanierungsversuch von vornherein (ex ante Betrachtung) untauglich war und dem Konzern das auch bewusst war. Dabei komme es zum einen darauf an, ob der Berater als kompetent anzusehen und ob das Konzept rechtlich vertretbar ist. Dabei sei ein großzügiger Maßstab anzulegen. Dazu gehört laut dem BGH aber mindestens, auch die Ursache der Krise zu behandeln und nicht nur die akute Liquiditätslücke zu beseitigen.

Honorarzahlung ohne Angabe der konkreten Tätigkeit

Die Karlsruher Richter bekräftigten zugleich, dass ein Rechtsanwalt und sein Mandant frei sind, vertraglich zu vereinbaren, wie die Rechnungen aussehen sollen. Vereinbarten die Parteien also, dass diese ohne nähere Angaben zu der abgerechneten Tätigkeit fällig und durchsetzbar sind, sei § 10 Abs. 2 RVG insoweit abdingbar.

Fazit

Auch hier erschwert der BGH seine Anforderungen an die Vorsatzanfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO, in dem er verlangt, dass der Insolvenzverwalter konkret darlegen und beweisen muss, dass das Sanierungskonzept von vornherein untauglich war und diese Tatsache dem Schuldner auch bekannt war. Das Urteil passt also in die Reihe der neuerlich veröffentlichten Rechtsprechungen, die an den Tatbestand der Vorsatzanfechtung höhere Anforderungen stellen.

Rechtsanwalt Manuel Ast


Insolvenzanfechtungsrecht - BGH: Konkretisierung der „Neujustierung“ bei der Vorsatzanfechtung

Insolvenzanfechtungsrecht – BGH: Konkretisierung der „Neujustierung“ bei der Vorsatzanfechtung

Bei der Vorsatzanfechtung nach § 133 InsO hat der BGH nun aktuell seine bisherige Rechtsprechung geändert. Die neue Entscheidung erschwert den Insolvenzverwaltern die Anfechtung insbesondere gegenüber Lieferanten und Dienstleistern, die keine detaillierten Einblicke in die wirtschaftliche Situation des
BGH, Urteil vom 10.02.2022 – IX ZR 148/19

Sachverhalt

Die klagende Insolvenzverwalterin einer Spedition macht gegen die Beklagte die Anfechtbarkeit von insgesamt 36 Zahlungen auf Vergütungsansprüche für Transportleistungen nach § 133 Abs. 1 InsO im Zeitraum April 2014 bis September 2015 geltend. Der Insolvenzeröffnung lag ein am 31.07.2015 gestellter Insolvenzantrag zugrunde. Bereits Anfang des Jahres 2013 hatten einige öffentlich-rechtliche Gläubiger vergebens versucht zu vollstrecken und Insolvenzantrag gestellt, die nach Zahlungen Dritter für erledigt erklärt wurden. Gegenüber dem Finanzamt hat die Schuldnerin ihre Zahlungsunfähigkeit eingeräumt. Der Beklagten, die seit Jahren eine Geschäftsbeziehung zur Schuldnerin hatte, waren diese Umstände nicht bekannt. Sie kannte nur das im Wesentlichen seit Jahren gleichbleibend schleppende Zahlungsverhalten und ihre teils vergebenen Mahnungen, in denen gerichtliche Mahnverfahren oder rechtliche Schritte in Aussicht gestellt wurden. Die Berufung gegen das bezüglich der Hauptforderung stattgebende Urteil des Landgerichts wurde durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Die vom Senat daraufhin zugelassene Revision war erfolgreich und führte zur Klageabweisung.

BGH – Einblick in wirtschaftliche Situation maßgeblich

Der BGH stellt zunächst fest, dass sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts eine Anfechtbarkeit nur aus § 133 Abs. 1 InsO in der bis zum 04.04.2017 geltenden Fassung ergeben könne. Der dafür erforderliche Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners und die Kenntnis des Anfechtungsgegners könnten als subjektive innere Tatsachen in aller Regel nur aus Hilfstatsachen hergeleitet werden. Der Tatrichter habe dabei die jeweilige BGH-Rechtsprechung zu den Beweisanzeichen zu berücksichtigen, wobei im Falle der kongruenten Deckung die von den Beteiligten erkannte Zahlungsunfähigkeit für den Vollbeweis nicht mehr genüge und zusätzlich eine aus Schuldnersicht negative Perspektive erforderlich sei. Die erkannte Zahlungsunfähigkeit zum nach § 140 InsO maßgeblichen Zeitpunkt sei Voraussetzung für ein in die Gesamtwürdigung einzubeziehendes Beweisanzeichen. Zwar hat das Berufungsgericht von einer ursprünglichen Zahlungseinstellung im Zusammenhang mit den rückständigen öffentlich-rechtlichen Forderungen, den Vollstreckungsmaßnahmen an den eigenen Erklärungen der Schuldnerin ausgehen können. Diese wirke nach der Senatsrechtsprechung grundsätzlich fort, wobei die Fortdauer Vermutung in Stärke und Dauer vom Ausmaß der Zahlungsunfähigkeit abhängig sei.

Zwar habe grundsätzlich der Anfechtungsgegner die allgemeine Wiederaufnahme der Zahlungen darzulegen und nachzuweisen. Der dafür erforderliche Vortrag sei aber durch eine sekundäre Darlegungslast des Verwalters beschränkt. Für das Auslösen dieser sekundären Darlegungslast sei es erforderlich, dass ein vom Anfechtungsgegner darzulegender Umstand bestehe, der eine Wiederaufnahme der Zahlungen im Allgemeinen als möglich erscheinen lasse. Dies sei anzunehmen, wenn die zur Feststellung der Zahlungsunfähigkeit herangezogenen Verbindlichkeiten nicht mehr bestehen und die Kenntnis vom Zahlungsverhalten im Übrigen fehlt. Dem Verwalter obliege dann zum Zahlungsverhalten im entsprechenden Zeitraum vorzutragen, um der Beklagten in die Lage zu versetzen die Fortdauervermutung zu entkräften. Mit Wegfall der öffentlich-rechtlichen Forderungen durch Durchtrittzahlungen und Erledigungen der Insolvenzanträge sei die Klägerin gehalten gewesen, zum Umfang nicht bedienter Verbindlichkeiten gegenüber anderen Gläubigern in diesem Zeitpunkt vorzutragen.

Dem dauerhaft schleppenden, aber im Wesentlichen gleich bleibenden Zahlungsverhalten gegenüber der Beklagten lasse sich im Rahmen der Gesamtumstände keine Zahlungseinstellung zum Zeitpunkt der angefochtenen Zahlungen herleiten, nachdem dies bereits für einen Zeitraum in dem der Schuldner seine Zahlungen nicht eingestellt hatte. Von einer Kenntnis der Beklagten von einem Gläubigerbenachteiligungsvorsatz könne auch unter Berücksichtigung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO in der alten Fassung nicht ausgegangen werden. Die Annahme einer drohenden Zahlungsunfähigkeit erfordere eine in die Zukunft gerichtete Prognose zur Finanzlage. Kenne der Anfechtungsgegner nur das Zahlungsverhalten des Schuldners ihm gegenüber, fehle es regelmäßig an den für die Prognose notwendigen Kenntnissen, die zur Beurteilung der drohenden Zahlungsunfähigkeit erforderlich sind.

Fazit

Die Entscheidung zeigt, dass der BGH bei der Beweiswürdigung im Rahmen des § 286 ZPO bei kongruenten Deckungen einen weniger starren Blick anwendet und die Entwicklung der konkreten Gesamtumstände mit Bezug zur Liquiditätslage in den Vordergrund rückt. Insolvenzverwalter werden daher aufgrund der sekundären Darlegungslast künftig den Vortrag zur Liquiditätssituation auf den Zeitraum nach einer nachweislich eingetretenen Zahlungsunfähigkeit erweitern und vertiefen müssen. Mit diesem Urteil erhöhte der BGH die Hürden für die Vorsatzanfechtung gegenüber Lieferanten und Dienstleistern erheblich.

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Rechtsanwalt Manuel Ast


Insolvenzrecht - BGH: Zahlungsverhalten gegenüber Sozialversicherungsträgern als Beweisanzeichen für eine Zahlungseinstellung

Insolvenzrecht – BGH: Zahlungsverhalten gegenüber Sozialversicherungsträgern als Beweisanzeichen für eine Zahlungseinstellung

Der BGH hat mit Urteil vom 28.04.2022 – IX ZR 48/21 – entschieden

a) ob das Zahlungsverhalten des zahlungsunfähigen Schuldners gegenüber einem Sozialversicherungsträger den Schluss rechtfertigt, dass der Schuldner wusste oder billigend in Kauf nahm, seine übrigen Gläubiger auch zu einem späteren Zeitpunkt nicht vollständig befriedigen zu können, richtet sich nach einer Gesamtwürdigung, insbesondere der Dauer des Rückstands für einzelne Betrag Beitragsmonate, des Zeitraums, in dem rückständige Beiträge auftreten, und der Entwicklung der rückständigen Beiträge.

b) fällige Verbindlichkeiten erheblichen Umfangs, die bereits zum Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung bestanden und bis zur Verfahrenseröffnung nicht mehr beglichen worden sind, sprechen für einen Benachteiligungsvorsatz, wenn sie nach Art, Höhe, Anzahl und Bedeutung den Schluss zulassen, dass der Schuldner bereits zum Zeitpunkt der Rechtshandlung erkannt oder billigend in Kauf genommen hat, diese Verbindlichkeiten nicht mehr vollständig befriedigen zu können.

Die Zahlungseinstellung kann aus einem einzigen Indiz gefolgert werden, wenn dieses Indiz eine hinreichende Aussagekraft hat. Fehlt es an einem hinreichend aussagekräftigen einzelnen Indiz, kommt der Schluss auf eine Zahlungseinstellung nur in Betracht, wenn die Gesamtheit der Indizien die volle richterliche Überzeugung einer Zahlungseinstellung rechtfertigt.

Zahlt der Schuldner Sozialversicherungsbeiträge stets vollständig, aber im Wesentlichen gleichbleibend durchgängig um einen bis weniger als zwei Monate verspätet, stellt dies für sich genommen kein ausreichendes Indiz dar, um eine Zahlungseinstellung zu begründen.

BGH, Urteil vom 28.04.2022 – IX ZR 48/21

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Rechtsanwalt Manuel Ast