Insolvenzrecht - Überschuldung bei kurzem rechnerischen Negativsaldo und Verlustdeckungszusage

Insolvenzrecht – Überschuldung bei kurzem rechnerischen Negativsaldo und Verlustdeckungszusage

„1.
Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen eines Unternehmens nicht mehr die bestehenden Verbindlichkeiten deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich. Dabei sind nicht die fortgeschriebenen Wertansätze der Jahresbilanz als entscheidend zugrunde zu legen, sondern eine Überschuldungsbilanz hat nach eigenen, auf den Zweck der Insolvenzeröffnung zugeschnittenen Bewertungsgrundsätzen, den wahren Wert des Unternehmens zu ermitteln. Legt der Insolvenzverwalter nur eine Handelsbilanz vor, aus der sich ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag ergibt, hat er jedenfalls die Ansätze dieser Bilanz darauf zu überprüfen und zu erläutern, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang stille Reserven oder sonstige aus ihr nicht ersichtliche Vermögenswerte vorhanden sind.

2.
Eine Überschuldung ist nicht anzunehmen, wenn eine tatsächliche rechnerische Überschuldung zwar am Bilanzstichtag am Jahresende vorliegt, jedoch zu Beginn des neuen Jahres der Minusbetrag durch eine Zahlung wieder ausgeglichen wird. Denn eine Überschuldung liegt bei einem nur für wenige Tage bestehenden Negativsaldo nicht vor. Bei einer Überschuldung muss es sich um einen zumindest für sechs Wochen andauernden Zustand handeln.

3.
Gegen die Annahme einer Überschuldung spricht auch eine Verlustdeckungszusage des Mutterkonzerns. Eine Pflicht zur Verlustübernahme ergibt sich auch aus einer aus Kontoauszügen hervorgehenden finanziellen Verstrickung an einer sonstigen Abhängigkeit von Schwester und Mutterunternehmen, sodass es sich um einen faktischen Konzern handelt.“

OLG Schleswig-Holstein, Urteil vom 29.09.2021 – 9 U 11/21

Hintergrund

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der A-GmbH. Er nimmt den Beklagten aus Geschäftsführerhaftung wegen Zahlungen nach Insolvenzreife in Anspruch. Erstinstanzlich hat der Kläger den Beklagten teilweise gesamtschuldnerisch auf Zahlung von insgesamt 720.758,17 € in Anspruch genommen. Das LG hat die Klage abgewiesen. Der Beklagte war faktischer und ab dem 25.01.2010 auch eingetragener Geschäftsführer der Schuldnerin, die auf ihrem im Eigentum der BRD stehenden, von der Firma C-GmbH angemieteten Geschäftsgrundstück einen Handel mit Paraffin betrieb. Für die Lagerung des flüssigen Paraffins in den Tanks war dessen vorherige Erhitzung erforderlich. Die Schuldnerin war Teil eines Konzerns, der neben ihr aus der Muttergesellschaft A-Holding AG und der Schwestergesellschaft A. C. AG, beide mit Sitz in der Schweiz, bestand. Die A-Holding AG war alleinige Gesellschafterin der Schuldnerin und der A. C. AG. Der Beklagte war Präsident des Verwaltungsrates sowohl der A. C. AG als auch der A-Holding AG und war zu 54 % am Kapital der A-Holding AG beteiligt.

In der Nacht vom 11.06.2009 auf den 12.06.2009 zerstörte ein Großbrand den gesamten Betrieb der Schuldnerin. Die Schuldnerin unterhielt bei der D Versicherungs AG unter anderem eine Betriebshaftpflichtversicherung mit einer Höchstdeckungssumme von 2,5 Million €. Die Versicherung lehnte die Erteilung einer Deckungszusage ab, da seit dem Jahr 2006 als Risiko lediglich die Abwicklung des Handels mit Paraffin zur Kerzenproduktion versichert sei, sich bei dem Brand jedoch das Risiko eines Produktions- oder Veredelungsbetriebs nicht eines Handelsbetriebs verwirklicht habe. Die Schuldnerin nahm nach dem Brand ihren Betrieb nicht wieder auf. Auf den Antrag des Beklagten vom August 2010 wurde im November 2010 über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Kläger hat behauptet, die Schuldnerin sei bereits im Jahr 2008, spätestens aber seit dem Brandereignis im Jahr 2009 überschuldet gewesen. Der Beklagte hat behauptet, die BRD und die Firma C hätten bis zur Stellung des Insolvenzantrags keine konkreten Forderungen wegen der Brandschäden an die Schuldnerin herangetragen. Im Übrigen sei das Risiko durch die Versicherung der Firma C abgedeckt gewesen.

LG weist Klage ab

Das LG hat die auf Zahlung gerichtete Klage abgewiesen, da der Kläger weder die Überschuldung noch eine Zahlung der Schuldnerin zur Überzeugung des Gerichts habe darlegen und beweisen können. Insbesondere sei das Indiz der rechnerischen Überschuldung aufgrund der Fehlbeträge in den Jahren 2008 und 2009 durch die konzerninterne Verlust-Deckungszusage der A-Holding AG gegenüber der Schuldnerin widerlegt. Auch das Brandereignis habe nicht zu einer Überschuldung geführt, da nicht feststellbar sei, dass der BRD durch den Brand tatsächlich Schäden von über 2,5 Million € entstanden wären und Schäden bis zu dieser Höhe von der Versicherung der Schuldnerin gedeckt gewesen seien.

OLG bestätigt Urteil des LG

Nach Ansicht des OLG hat das LG die geltend gemachten Ansprüche des Klägers gegen den Beklagten aus Geschäftsführerhaftung zurecht zurückgewiesen. Dem Kläger stehen als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Schuldnerin keine Ersatzansprüche gegen den Beklagten aus Geschäftsführerhaftung nach § 64 S. 1 GmbHG a. F. u. Eine Ersatzpflicht des Beklagten für von ihm veranlasste Zahlungen kommt nach § 64 S. 1 GmbHG in Betracht, wenn diese nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder nach Feststellung ihrer Überschuldung geleistet wurden, ohne dass die Zahlungen mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar wären.

Anhaltspunkte für eine Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Zahlungen wurden vom LG zu Recht verneint. Eine Überschuldung ist also bei kurzem rechnerischen Negativsaldo und Verlustdeckungsanzeige noch nicht gegeben.

Als Geschäftsführer einer GmbH ist es immens wichtig, die Zeichen einer sich anbahnenden finanziellen Krise zu erkennen und umgehend Gegenmaßnahmen einzuleiten.

 

Rechtsanwalt Manuel Ast


Insolvenzrecht - Schadensersatzpflicht des Unternehmensberaters gegenüber dem Geschäftsführer der beauftragenden GmbH wegen Pflichtverletzung bei Sanierungsbegutachtung

Insolvenzrecht – Schadensersatzpflicht des Unternehmensberaters gegenüber dem Geschäftsführer der beauftragenden GmbH wegen Pflichtverletzung bei Sanierungsbegutachtung

Im Rahmen einer Sanierungsbegutachtung nach IDWS6-Standard gehört es zu den Kernanforderungen an den Gutachter, in einer Form auf eine eingetretene Zahlungsunfähigkeit hinzuweisen, die geeignet ist, die verantwortlichen Personen zur Einleitung der insolvenzrechtlich erforderlichen Eilmaßnahmen anzuhalten. Ein Verweis des Gutachters auf die Nichterbringung von Rechts- und Steuerberaterleistungen, weil der beauftragte Gutachter weder Rechtsanwalt noch Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer ist, befreit diesen nicht von den zur Erfüllung der Pflicht nach IDWS6 zu treffenden Feststellungen zur Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung. Der Geschäftsführer kommt aufgrund § 64 Abs. 1 GmbHG a. F. mit der Frage der Insolvenzreife der GmbH in gleicher Weise in Berührung wie die GmbH als Auftraggeber selbst, weshalb der Begutachtungsvertrag nach IDWS6-Standard Schutzwirkung zugunsten des Geschäftsführers entfaltet.

OLG Bamberg, Urteil vom 31.07.2023 – 2 U 38/22.

 

Hintergrund

Die Parteien streiten über Ansprüche wegen Pflichtverletzung aus einem Sanierungsberatervertrag. Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der B-GmbH. Diese gehörte zusammen mit der X-GmbH und der Y-GmbH zur X-Firmengruppe. Geschäftsführer der B war Herr H. Der Beklagte ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der D-GmbH. Diese beriet kleine und mittlere Unternehmen in Krisensituationen. Im Frühjahr 2013 befand sich die X in wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Auf Initiative eines Kreditgebers sollten die wirtschaftlichen Fortführungsmöglichkeiten der X durch eine externe Begutachtung festgestellt werden. Hierzu legte die D im April 2013 zunächst eine Projektskizze vor betreffend die Erstellung eines Sanierungsgutachtens in Anlehnung an den IDWS6-Standard. Auf der letzten Seite der Projektskizze befindet sich unmittelbar über den Unterschriften folgende Bestimmung:

„Die D erbringt keine Rechts- oder Steuerberatungs- oder Wirtschaftsprüfungsleistungen. Sie wird alles unternehmen, um die beschriebenen Aufgaben erfolgreich zu erfüllen und haftet für vorsätzliche und grobe Fahrlässigkeit ihrer Berater für Vermögensschäden bis zu einer Höhe von 1 Million €. Die D verpflichtet sich, alle Informationen über den Auftraggeber und dessen Unternehmen, von denen die Berater im Rahmen des Projekts Kenntnis erhalten, streng vertraulich zu behandeln.“

Die B-GmbH beauftragte die D daraufhin am 06.05.2013 mit der Erstellung eines Sanierungsgutachtens entsprechend dem in der Projektskizze vom 25.04.2013 beschriebenen Auftragsumfang. Aufgrund des Eigenantrags der B vom 13.03.2014 wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Insolvenzgericht Neubrandenburg vom 16.04.2014 nichtsdestotrotz das Insolvenzverfahren über das Vermögen der B eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Der Kläger war der Auffassung, dass der Geschäftsführer H gemäß § 64 S. 1 GmbHG a. F. zum Ersatz masseschmälernder Zahlungen verpflichtet sei, welche die B in den Monaten Januar und Februar 2014 geleistet habe, da die Gesellschaft zu diesem Zeitpunkt bereits zahlungsunfähig gewesen sei. Die D habe es versäumt, auf die Insolvenzreife der B hinzuweisen, obwohl sie hierzu bei einem Sanierungsgutachtens nach IDWS6-Standard verpflichtet gewesen sei. Der Vertrag über das Sanierungsgutachten entfaltet Schutzwirkung zugunsten des Geschäftsführers, der über § 64 GmbHG a. F. von der zu prüfenden Insolvenzreife in gleicher Weise betroffen sei wie die Gesellschaft selbst.

LG weist Klage ab

Mit am 19.07.2022 verkündetem Endurteil hat das LG die Klage abgewiesen. In der Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass es bereits an einer Einbeziehung des Geschäftsführers H in den Schutzbereich des zwischen der D und der B geschlossenen Beratungsvertrages fehle. Die vertraglich geschuldete Fortbestehens- und Fortführungsprognose habe allein den wirtschaftlichen Interessen der B gedient.

OLG – Kläger steht 50 %iger Zahlungsanspruch zu

Das OLG urteilte, dass die zulässige Berufung teilweise begründet ist. Dem Kläger steht aus abgetretenem Recht unter Berücksichtigung eines Anspruchs kürzenden Mitverschuldens des Geschäftsführers der B von 50 % ein Zahlungsanspruch gemäß der §§ 280 Abs. 1, 611, 675, 398 BGB zu. Mit dem zwischen der B und der D mit Auftragserteilung vom 06.05.2013 geschlossenen Sanierungsberatungsvertrag wurde das vollständige Leistungsspektrum nach dem Standard IDWS6 beauftragt. Eine hiervon abweichende und abschließende Vereinbarung durch die D zu erbringender Leistungen besteht nicht. Grundlage des Vertrages war die Projektskizze aus dem April 2013. In der Überschrift der Projektskizze ist angeführt, dass die Fertigung des Gutachtens in Anlehnung an den IDWS6-Standard erfolgt. Insoweit ist durch den Sanierungsgutachter der Hinweis auf eine eingetretene Zahlungsunfähigkeit in einer Form geschuldet, die es dem Auftraggeber ermöglicht, die gebotenen rechtlichen Konsequenzen zu ziehen. Der Sanierungsgutachter hat danach den Eintritt der Insolvenzreife im Zeitraum bis zur Fertigstellung des Gutachtens auszuschließen. Für den Gutachter selbst gilt, dass er die Begutachtung zu beenden oder zu versagen hat, sobald für ihn erkennbar wird, dass eine Insolvenzantragspflicht bereits vorliegt und dennoch eine außergerichtliche Sanierung noch versucht werden soll.

Eine Pflichtverletzung gemäß § 280 Abs. 1 BGB der D ist gegeben. Sie hat nicht in der vertraglich geschuldeten Form auf eine bei Vorlage des Gutachtens am 29.07.2013 bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit der B hingewiesen. Der Vertrag zwischen der B und der D über die Erbringung von Leistungen der Sanierungsberatung entfaltet Schutzwirkung zugunsten des Geschäftsführers der B. Gegen den Geschäftsführer der B bestehen daher aufgrund masseschmälernder Leistungen gemäß § 64 Abs. 2 GmbHG a. F. die geltend gemachten Ansprüche. Die im unterlassenen Hinweis auf die Zahlungsunfähigkeit begründete Pflichtverletzung der D war auch kausal für den eingetretenen Schaden.

Die Entscheidung des OLG Bamberg konkretisiert die Pflichten von Unternehmensberatern im Rahmen einer Sanierungsbegutachtung. Kernanforderungen an den Gutachter sind insbesondere in einer Form auf eine eingetretene Zahlungsunfähigkeit hinzuweisen, die geeignet ist, die verantwortlichen Personen zur Einleitung der insolvenzrechtlich erforderlichen Maßnahmen anzuhalten.

 

Rechtsanwalt Manuel Ast


Insolvenzrecht / Familienrecht - OLG Düsseldorf zur Anfechtbarkeit einer Auseinandersetzungsvereinbarung im gesetzlichen Zugewinnausgleichsanspruch

Insolvenzrecht / Familienrecht – OLG Düsseldorf zur Anfechtbarkeit einer Auseinandersetzungsvereinbarung im gesetzlichen Zugewinnausgleichsanspruch

1. Wird der gesetzliche Zugewinnausgleichsanspruch durch eine Auseinandersetzungsvereinbarung konkretisiert, handelt es sich um einen gegebenenfalls nach § 133 Abs. 4 InsO anfechtbaren entgeltlichen Vertrag, wenn die Vereinbarung sich darauf beschränkt, den ohnehin gesetzlich geschuldeten Ausgleichsbetrag festzulegen. Wird in der Auseinandersetzungsvereinbarung hingegen eine den gesetzlichen Ausgleichsanspruch übersteigende Geld- oder sonstige Forderung begründet, kommt – jedenfalls hinsichtlich des Differenzbetrags – zusätzlich eine Anfechtung nach § 134 InsO in Betracht.

2. Bei einer den Wert der erbrachten bzw. zu erbringenden Gegenleistung übersteigenden Leistung des Schuldners hängt die Frage der teilweisen Unentgeltlichkeit davon ab, ob die Werte in einem groben Missverhältnis zueinander stehen und die Ehegatten den ihnen zustehenden Bewertungsspielraum bei der Auseinandersetzung missbräuchlich überschritten haben. Ob der Bewertungsspielraum überschritten ist, ergibt sich unter objektiven Gesichtspunkten.

3. In einem auf § 134 Abs. 1 InsO gestützten Anfechtungsprozess obliegt dem Insolvenzverwalter die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen einer unentgeltlichen Leistung des Schuldners. Sind dabei Umstände aus dem Bereich des Anfechtungsgegners relevant, trifft diesen eine sekundäre Darlegungslast.

4. Beruft sich der Anfechtungsgegner darauf, beide Teile seien von einem gleichwertigen Leistungsaustausch ausgegangen, muss der Insolvenzverwalter nur die von dem Anfechtungsgegner substantiiert dargelegten Umstände ausräumen, die eine solche Annahme der Vertragsparteien erlauben.

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.09.2022 – I.-12 W 12/22.

 

In dem vom OLG Düsseldorf zu entscheidenden Fall, machte die Antragstellerin gegen ihren Ehemann Rückgewähransprüche gemäß § 143 Abs. 1 InsO geltend, da der Ehemann seine Miteigentumsanteile an der streitgegenständlichen Immobilie jedenfalls teilweise unentgeltlich und damit insgesamt nach § 134 Abs. 1 InsO anfechtbar auf die Antragsgegnerin übertragen habe.

Dem gab das OLG Düsseldorf statt.

Nach § 143 Abs. 1 InsO muss zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden, was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist. Rückgewähr bedeutet grundsätzlich, dass der betroffene Gegenstand im vollen Umfang seiner Veräußerung, Weg oder Aufgabe in Natur in die Insolvenzmasse zurückgelangen muss. Die Insolvenzmasse ist in die Lage zu versetzen, in der sie sich befinden würde, wenn das anfechtbare Verhalten unterblieben wäre. Erwirkt ein Bruchteilseigentümer – wie hier – das Eigentum insgesamt in anfechtbarer Weise, richtet sich der Anspruch auf Rückgewähr des neu erworbenen Bruchteils des jetzt in der Hand des Erwerbers vereinigten Grundstücks. Nach Wiederherstellung des Miteigentumsanteils kann der Insolvenzverwalter diesen gemäß allgemeinen Regeln verwerten. Er kann sich aber auch, wie die Antragstellerin, darauf beschränken, im Wege der Anfechtung zugleich die Zustimmung des Anfechtungsgegners zur Teilungsversteigerung des gesamten Grundstücks zu verlangen, um den auf die Insolvenzmasse rechnerisch entfallenden Anteil am Erlös zu erhalten.

Hintergrund ist, dass nach § 134 InsO eine unentgeltliche Leistung des Schuldners anfechtbar ist, es sei denn, sie ist früher als vier Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden. Die Antragstellerin habe in den Augen der Düsseldorfer Richter hinreichend dargetan, dass die Übertragung des hälftigen Miteigentums an der streitgegenständlichen Immobilie durch den Schuldner in dem notariellen Eheauseinandersetzungsvertrag jedenfalls teilweise unentgeltlich erfolgt ist.

Ehevertragliche Vereinbarungen unterliegen, ebenso wie sonstige vertragliche Abreden, grundsätzlich der Anfechtung nach den §§ 129 ff. InsO (vgl. nur BGH, Urteil vom 20.10.1971 – VIII ZR 212/69). Wird der gesetzliche Zugewinnausgleichsanspruch durch eine Auseinandersetzungsvereinbarung konkretisiert, handelt es sich um einen gegebenenfalls nach § 133 Abs. 4 InsO anfechtbaren entgeltlichen Vertrag, wenn diese sich darauf beschränkt, den ohnehin gesetzlich geschuldeten Ausgleichsbetrag festzulegen. Wird in der Auseinandersetzungsvereinbarung hingegen eine den gesetzlichen Ausgleichsanspruch übersteigende Geld- oder sonstige Forderung begründet, kommt jedenfalls hinsichtlich des Differenzbetrages eine Anfechtung nach § 134 InsO in Betracht. Derartige Verträge sind nach denselben Grundsätzen zu behandeln wie gemischte Zuwendungen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH, ist in einem Zwei-Personenverhältnis eine Leistung als unentgeltlich anzusehen, wenn ein Vermögenswert des Verfügenden zugunsten einer anderen Person aufgegeben wird, ohne dass dem Verfügenden ein entsprechender Vermögenswert vereinbarungsgemäß zufließen soll. Entgeltlich ist dagegen eine Verfügung, wenn der Schuldner für seine Leistungen etwas erhalten hat, was objektiv ein Ausgleich für seine Leistung war oder jedenfalls subjektiv nach dem Willen der Beteiligten sein sollte. Für die Bewertung ist in erster Linie die objektivere Wertrelation zwischen der Leistung des Schuldners an der Gegenleistung des Empfängers ausschlaggebend (BGH, Urteil vom 02.12.2021 – IX ZR 111/20). Erst wenn feststeht, dass, objektiv betrachtet, der Schuldner überhaupt einen Gegenwert für seine Zuwendung erhalten hat oder ihm eine werthaltige Gegenleistung versprochen worden ist, besteht Anlass zu prüfen, ob die Beteiligten die erbrachte oder versprochene Gegenleistung als Entgelt angesehen haben oder mit der Verfügung des Schuldners Freigiebigkeit, wenn auch nur teilweise, bezweckt war. Die subjektiven Vorstellungen der Beteiligten sind für die Frage der Entgeltlichkeit zusätzlich von Bedeutung, wenn zu beurteilen ist, ob die Gegenleistung den Wert der Leistung des Schuldners erreicht. Bei dieser Einschätzung steht den Beteiligten ein Bewertungsspielraum zu. Eine teilweise unentgeltliche Leistung unterliegt der Anfechtung insoweit, als deren Wert den der Gegenleistung übersteigt und die Vertragsparteien den ihnen zustehenden Bewertungsspielraum überschritten haben.

Bei einem Ungleichgewicht von Leistung und Gegenleistung ist § 134 InsO nicht anwendbar, wenn beide Teile nach den objektiven Umständen der Vertragsanbahnung, der Vorüberlegungen der Parteien und des Vertragsschlusses selbst von einem Austauschgeschäft ausgehen und zudem im guten Glauben von der Werthaltigkeit der dem Schuldner gewährten Gegenleistung überzeugt sind, die sich erst aufgrund einer nachträglichen Prüfung als wertlos erweist. In gleicher Weise ist eine Fehlvorstellung der Beteiligten über den Wert der vom Schuldner zu erbringenden Leistung nur dann erheblich, wenn sie ihre Grundlage in den objektiven Umständen des Vertragsschlusses findet (BGH, Urteil vom 22.10.2020 – IX ZR 208/18).

Das OLG Düsseldorf empfand vor dem Hintergrund dieser Maßstäbe, dass eine teilweise unentgeltliche Leistung des Schuldners vorliegt. In einem auf § 134 Abs. 1 InsO gestützten Anfechtungsprozess obliegt dem Insolvenzverwalter die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen einer unentgeltlichen Leistung des Schuldners und demgemäß auch für Umstände, aus denen sich eine Wertadäquanz ergibt. Beruft sich der Anfechtungsgegner darauf, beide Teile seien von einem gleichwertigen Leistungsaustausch ausgegangen, reicht es nicht aus, dass der Insolvenzverwalter ein Missverhältnis des objektiven Werts von Leistung und Gegenleistung darlegt und beweist. Vielmehr muss dartun und beweisen, dass keine objektiven Umstände vorgelegen haben, die eine solche Annahme der Vertragsparteien erlaubten. Bei den behaupteten objektiven Umständen handelt es sich um negative Tatsachen. Dem Insolvenzverwalter kommen daher Erleichterungen nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast zugute. Er muss, um seiner Darlegungs- und Beweislast zu genügen, nicht alle theoretisch denkbaren Umstände ausräumen, welche einen guten Glauben an die Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung begründen könnten. Es reicht vielmehr aus, die von dem Anfechtungsgegner substantiiert dargelegten Umständen auszuräumen. Gelingt dies, ist der Beweis der negativen Tatsache erbracht.

In unserer auf das Insolvenz- und Familienrecht spezialisierten Kanzlei sind wir in der Lage, Ihnen interdisziplinäre Rechtsberatung anbieten zu können. Bei Fragen zur Anfechtbarkeit von ehevertraglichen Vereinbarungen stehen Ihnen unsere auf das Insolvenz- und Familienrecht spezialisierten Anwälte kompetent zur Verfügung.

 

Rechtsanwalt Manuel Ast


Insolvenzrecht – BGH zum Umfang der Insolvenzmasse – Pflegegeld unterliegt nicht der Pfändung

Insolvenzrecht – BGH zum Umfang der Insolvenzmasse – Pflegegeld unterliegt nicht der Pfändung

Eine Mutter, die für ihren pflegebedürftigen Sohn Pflegegeld erhält, darf dieses auch während eines laufenden Insolvenzverfahrens behalten. Es unterliegt nicht der Pfändung, entschied der BGH mit Beschluss vom 20.10.2022 – IX ZB 12/22.

In dem vom BGH zu entscheidenden Fall ging es um eine Frau, die zu Hause für ihren autistischen Sohn sorgt. Der Insolvenzverwalter hatte beantragt, bei der Berechnung ihres pfändbaren Arbeitseinkommens, das Pflegegeld mit zu berücksichtigen. Die zuständigen Gerichte in Oldenburg lehnten dies ab.

Hieran orientierte sich auch der BGH. So sei das Pflegegeld dazu gedacht, die Autonomie des Pflegebedürftigen zu stärken und einen Anreiz für häusliche Pflege zu schaffen, so der BGH. Der Gesetzgeber habe es nicht als Entgelt konzipiert.

Mit dem Pflegegeld wolle der Pflegebedürftige die Person, die ihn pflegt, für ihren Einsatz belohnen, nicht aber deren Gläubiger befriedigen oder in anderer Weise begünstigen, entschieden die Karlsruher Richter. Dieses Interesse sei rechtlich schutzwürdig. Hinter dem Pflegegeld steht der Gedanke, dass Pflegebedürftige selbst entscheiden können sollen, wie von und von wem sie gepflegt werden. Also bekommen sie auch dann Unterstützung, wenn sie sich gegen einen ambulanten Pflegedienst entscheiden und von Angehörigen, Freunden oder ehrenamtlich Tätigen versorgt werden.

Je nach Grad der Pflegebedürftigkeit können Pflegende zwischen € 316,00 und € 901,00 im Monat erhalten.

Familiäre, nachbarschaftliche und ehrenamtliche Pflege solle grundsätzlich unentgeltlich sein. Das Pflegegeld ermögliche es dem Pflegebedürftigen aber, der pflegenden Person eine materielle Anerkennung für Einsatz- und Opferbereitschaft zukommen zu lassen. Er könne das Geld auch anders verwenden, die Leistung sei freiwillig.

In unserer auf das Insolvenzrecht spezialisierten Kanzlei stehen wir Ihnen mit unserer langjährigen Erfahrung bei sämtlichen Fragestellungen des Insolvenzrechts kompetent zur Seite.

 

Rechtsanwalt Manuel Ast


Insolvenzrecht – SanInsKG in Kraft

Insolvenzrecht – SanInsKG in Kraft

Das Sanierungs- und Insolvenzrechtliche Krisenfolgenabmildungsgesetz kurz SanInsKG ist seit dem 09.11.2022 in Kraft. Wichtig ist, dass insbesondere der Prognosezeitraum für die Überschuldung von zwölf auf vier Monate verkürzt wurde.

Das Gesetz wurde am 08.11.2022 veröffentlicht, trat am 09.11.2022 in Kraft. Ziel des SanInsKG ist es, den derzeitigen Verhältnissen und Entwicklungen auf den Energie- und Rohstoffmärkten und der damit verbundenen finanziellen Auswirkungen entgegen zu wirken.

Die aus diesen Entwicklungen resultierenden Unwegbarkeiten und Belastungen für die Wirtschaft sollen reduziert und eine Welle von Unternehmensinsolvenzen soll vermieden werden, indem die Insolvenzantragspflicht wegen Überschuldung abgepasst wird.

Wichtige Änderungen durch das SanInsKG

Um darzustellen, dass die Erleichterungen durch das neue Gesetz nicht nur aufgrund der Corona-Pandemie entschieden wurden, wurde das Covid-19-Insolvenzaussetzungsgesetz in SanInsKG umbenannt.

Das ist Folge der derzeitigen Unwegbarkeiten auf den Energie- und Rohstoffmärkten, weshalb die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags wegen Überschuldung gemäß § 19 Abs. 2 InsO abgeschwächt wird. Dies indem der Zeitraum für eine positive Fortführungsprognose von zwölf auf vier Monate verkürzt wurde. Daneben wurde die Höchstfrist zur Stellung eines Insolvenzantrags wegen Überschuldung nach § 15 a Abs. 1 Satz 2 InsO von sechs auf acht Wochen verlängert.

Zu beachten ist, dass die Insolvenzantragspflicht wegen Zahlungsunfähigkeit nach § 17 InsO unangetastet bleibt.

Die Höchstfristen zur Stellung eines Insolvenzantrags von drei Wochen bei Zahlungsunfähigkeit und nunmehr acht Wochen bei Überschuldung dürfen nur so lange ausgenutzt werden, wie die Beseitigung der Insolvenzreife innerhalb der Antragsfrist mit Wahrscheinlichkeit dauert.

Ausdrücklich klargestellt wird in dem Gesetz, dass die Verkürzung des Prognosezeitraums auf vier Monate auch für Unternehmen gilt, die bereits bei Inkrafttreten des SanInsKG am 09.11.2022 überschuldet waren. Dies allerdings nur, wenn die Antragsfrist im Zeitpunkt des Inkrafttretens noch nicht abgelaufen war und eine positive Fortführungsprognose für mindestens vier Monate vorliegt.

Auch wurden die Planungszeiträume für Eigenverwaltungs- und Restrukturierungsplanungen gemäß § 217 a Abs. 1 Nr. 1 InsO und § 50 Abs. 2 Nr. 2 StaRUG von sechs auf vier Monate verkürzt.

Änderungen befristet

Die Regelungen des SanInsKG sind vorerst bis zum 31.12.2023 befristet. Ob eine Verlängerung erfolgt, kann noch nicht vorausgesagt werden und hängt entscheidend auch von der weiteren Entwicklung auf den Energie- und Rohstoffmärkten ab.

Die Verkürzung des Prognosezeitraumes auf vier Monate gilt zwar bis zum 31.12.2023, allerdings kann der zwölfmonatige Prognosezeitraum schon vorher wieder eine Rolle spielen. Dies dürfte dann der Fall sein, wenn Ende 2023 schon absehbar ist, dass für vier Monate eine positive Fortführungsprogose besteht, aber nicht für die ab dem 01.01.2024 wieder geltenden zwölf Monate.

Kausalitätszusammenhang nicht erforderlich

Das SanInsKG verzichtet auf einen Zusammenhang zwischen der aktuellen Krise und einer Überschuldung. Die Erleichterungen gelten somit unabhängig davon, ob die Überschuldung durch die aktuelle Krise auf den Energie- und Rohstoffmärkten verursacht wurde oder auf davon völlig unabhängige Ursachen zurückzuführen ist.

Fazit

Das SanInsKG bedeutet für die Geschäftsführer in der Krise befindlicher Unternehmen eine erhebliche Erleichterung im Hinblick auf eine Insolvenzantragspflicht wegen Überschuldung. Angesichts der aktuellen Unsicherheiten auf den Energie- und Rohstoffmärkten, aber auch aufgrund der gesamtwirtschaftlichen und geopolitischen Lage ist eine zuverlässige Planung für einen Zeitraum von zwölf Monaten kaum möglich. Durch die Verkürzung des Prognosezeitraumes wird also der aktuellen Lage Rechnung getragen und es wird verhindert, dass eigentlich gesunde Unternehmen einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen müssen. Allerdings sollten die Geschäftsführer sich in der Krise befindlicher Unternehmen die finanzielle Lage genau im Blick behalten und beachten, dass das SanInsKG nicht für die Zahlungsunfähigkeit gemäß § 17 InsO gilt.

In unserer auf das Insolvenzrecht spezialisierten Kanzlei stehen wir Ihnen bei sämtlichen Fragen zur Insolvenzantragspflicht und den einzelnen Regelungen des neuen SanInsKG kompetent zur Verfügung.

Rechtsanwalt Manuel Ast


Insolvenzrecht – Haftung des Gesellschafters mit Einzahlung Stammkapital

Insolvenzrecht – Haftung des Gesellschafters mit Einzahlung Stammkapital

Hintergrund

Der Kläger verlangt als Insolvenzverwalter die Nachzahlung einer Stammeinlage in Höhe von € 12.500,00 von dem Beklagten. Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der GmbH. Die Schuldnerin stellte einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, der am 16.04.2020 bei Gericht einging. Das Amtsgericht eröffnete infolgedessen das Insolvenzverfahren mit Beschluss vom 05.06.2020 und ernannte den Kläger zum Insolvenzverwalter.

Mit Gesellschaftsvertrag vom 07.05.1999 wurde die Schuldnerin gegründet und mit einem Stammkapital von € 25.000,00 ausgestattet. Der Beklagte war ein Gründungsgesellschafter und Geschäftsführer der Schuldnerin. Ausweislich Nr. 2 der Gründungsurkunde § 3 der Satzung und der Gesellschafterliste übernahmen zunächst ein Herr H. eine Stammeinlage in Höhe von € 15.000,00 und der Beklagte eine Stammeinlage in Höhe von € 10.000,00. Ausweislich der Nr. 4 des Schreibens des Beklagten an das Amtsgericht vom 07.05.1999 hatten H. € 1.500,00 und der Beklagte € 5.000,00 auf die Stammeinlagen eingezahlt.

Weitere Zahlungen auf die Stammeinlagen erfolgten nicht. Mit notariellem Vertrag vom 23.10.2019 verkaufte der Beklagte seinen Geschäftsanteil in Höhe von € 10.000,00 an H. und trat ihn auch an besagten Herrn H. ab. Der Beklagte schied am 23.10.2019 als Gesellschafter aus. Mit Schreiben vom 12.06.2020, 28.01.2021, am 17.09.2021 forderte der Kläger zunächst erfolglos Zahlung in Höhe von € 12.500,00 und von Herrn H., der ausweislich einer Information der Creditreform zahlungsunfähig gewesen war. Mit Einschreiben vom 02.12.2021 wurde Herr H. sein Geschäftsanteil an der Schuldnerin gemäß § 21 Abs. 2 GmbHG für verlustig erklärt.

Mit Schreiben vom 28.01.2021 forderte der Kläger den Beklagten unter Fristsetzung bis zum 15.02.2021 erfolglos zur Zahlung in Höhe der Klageforderung auf. Der Kläger meint, er habe Ansprüche auf Zahlung von Stammkapital aus § 16 Abs. 2 GmbHG und § 22 Abs. 1 GmbHG in Höhe von € 12.500,00 gegen den Beklagten. Ferner seien ihm die Kosten für zwei Auskünfte des Einwohnermeldeamts in Höhe von jeweils € 14,95 zu erstatten, die zur Bestimmung der aktuellen Anschrift erforderlich gewesen seien.

Entscheidungsgründe

Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung von lediglich € 5.000,00 gegenüber dem Beklagten aus § 22 Abs. 1 GmbHG i.V.m. § 80 Abs. 1 InsO. Für eine von dem ausgeschlossenen Gesellschafter nicht erfüllte Einlageverpflichtung haftet gegenüber der Gesellschaft nach § 22 Abs. 1 GmbHG auch der letzte und jeder frühere Rechtsvorgänger des ausgeschlossenen, der im Verhältnis zu ihr als Inhaber des Geschäftsanteils gilt.

Vorausgesetzt ist folglich zunächst, dass ein Gesellschafter nach § 21 GmbHG ausgeschlossen ist. Nach Absatz 1 sind hierfür eine verzögerte Einzahlung und eine erneute Aufforderung zur Zahlung binnen einer zu bestimmenden Nachfrist unter Androhung seines Ausschlusses mit dem Geschäftsanteil, auf welchen die Zahlung zu erfolgen hat, erforderlich. Die Aufforderung kann mittels eingeschriebenen Briefes erfolgen und die Nachfrist müsste mindestens einen Monat betragen. Eine verzögerte Einzahlung ist gegeben, denn sowohl die Einlage des Gesellschafters H. in Höhe von € 7.500,00 als auch die Einlage im Hinblick auf den Beklagten erworbenen Geschäftsanteil in Höhe von € 5.000,00 wurde bisher nicht geleistet. Auch forderte der Kläger zuletzt mit Schreiben vom 17.09.2021 die Zahlung der Einlage. Hierbei drohte er den Ausschluss mit dem Geschäftsanteil an. Ferner wurde in diesem Schreiben, das dem Herrn H. unter dem 18.09.2021 zuging, eine Frist bis zum 29.10.2021 gesetzt. Dies war folglich über einen Monat lang. Dieses Schreiben wurde auch per Einschreiben mit Rückschein versandt.

Da folglich die Voraussetzungen des Abs. 1 vorlagen, erklärte der Kläger wirksam gemäß § 21 Abs. 2 GmbHG nach erfolglosem Ablauf der Frist mittels eingeschriebenen Briefs vom 02.12.2021 den säumigen Gesellschafter H. seines Geschäftsanteils an der geleisteten Teilzahlungen zugunsten der Gesellschaft verlustig. Dies hat zur Folge, dass der Gesellschafter H. nach § 21 Abs. 3 GmbHG weiterhin für den rückständigen Betrag haftet. Dies ist, da er mittlerweile die Anteile des Beklagten übernommen hat, ein Betrag in Höhe von insgesamt € 12.500,00.

Nach § 22 Abs. 1 GmbHG haftet der Gesellschaft auch der letzte Rechtsvorgänger für die Einlage, mithin der Beklagte.

Die Beschränkung der Haftung nach § 22 Abs. 2 GmbHG auf solche Beträge, die vom Rechtsnachfolger nicht zu erlangen sind, gilt nach dem klaren Wortlaut nur für frühere Rechtsvorgänger nicht für den letzten Rechtsvorgänger.

Die Haftung aus § 22 GmbHG beschränkt sich dem Umfang nach jedoch auf € 5.000,00. Denn in Höhe von € 5.000,00 hat der Beklagte, die auf seinen Geschäftsanteil anfallende Eigentumslage-Verpflichtung nicht erfüllt.

Der Beklagte haftet jedoch nicht nach § 22 GmbHG für die weiteren geltend gemachten € 7.500,00, da er insoweit in Beziehung zu dem reduzierten Geschäftsanteil kein Rechtsvorgänger im Sinne dieser Vorschrift ist. Nach § 22 Abs. 1 GmbHG haftet für eine von dem ausgeschlossenen Gesellschafter nicht erfüllte Einlageverpflichtung der Gesellschaft auch der letzte und jeder frühere Rechtsvorgänger des ausgeschlossenen, der im Verhältnis zu ihr als Inhaber des Geschäftsanteils gilt.

Die Ausschlussfrist von fünf Jahren des Abs. 3 ist noch nicht abgelaufen. Sie beginnt mit dem Tag, ab welchem der Rechtsnachfolger im Verhältnis zur Gesellschaft als Inhaber des Gesellschaftsgesellschaftsanteils gilt. Die Abtretung der Geschäftsanteile von dem Beklagten an den Kläger erfolgte erst 2019.

Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung von € 7.500,00 aus § 24 GmbHG. Der Beklagte haftet deshalb nicht nach 24 GmbHG, weil er kein Gesellschafter im Sinne dieser Vorschrift ist. Der Kläger hat ferner keinen Anspruch auf Zahlung in Höhe von weiteren € 7.500,00 gegen den Beklagten aus den §§ 16 Abs. 1, 14 S. 1 und 2 GmbHG.

Nach § 14 S. 1 und 2 GmbHG ist auf jeden Geschäftsanteil eine Einlage zu leisten, deren Höhe sich nach dem bei der Errichtung der Gesellschaft im Gesellschaftsvertrag festgesetzten Nennbetrag des Geschäftsanteils richtet. Vorliegend wurde eine Stammeinlage des Beklagten in Höhe von € 10.000,00 vereinbart, worauf der Beklagte lediglich € 5.000,00 zahlte.

Ein über € 5.000,00 hinausgehender Anspruch auf Zahlung der Einlage des Gesellschafters H., in Höhe von weiteren € 7.500,00 ergibt sich aus § 16 Abs. 3 GmbHG nicht. Dieser regelt nur den Fortbestand der Haftung des Gesellschafters für eigene Einlageverpflichtungen, die in dem Zeitpunkt rückständig sind, ab dem Erwerber gemäß § 16 Abs. 1 S. 1 GmbHG mit dem Wortlaut hinausgehende Auslegung dahin, dass der Veräußerer für fremde, im maßgeblichen Zeitpunkt noch nicht fällige Einlageschulden haften soll, sind nicht ersichtlich. Der Schutzzweck der Vorschrift der darauf gerichtet ist, dass sich der Gesellschafter seiner Haftung für die fälligen, von ihm der Gesellschaft geschuldeten Einlageleistungen nicht durch Veräußerung seines Anteils entziehen können soll, verbietet eine Ausdehnung der Haftung des Veräußerers auf eine fremde Einlage aufkeimende Einlageverpflichtung, die in dem Zeitpunkt, in dem der Bewerber im Verhältnis zur Gesellschaft als Inhaber des Geschäftsanteils gilt, nicht fällig sind.

Der Zahlungsanspruch der Gesellschaft gegen den Beklagten in Höhe von € 5.000,00 ist durch Ausscheiden des Beklagten aus der Gesellschaft nicht untergegangen. Dies ergibt sich auch aus § 16 Abs. 2 GmbHG. Demzufolge für Einlageverpflichtungen, die in dem Zeitpunkt rückständig sind, ab dem der Erwerber im Verhältnis zur Gesellschaft als Inhaber des Geschäftsanteils gilt, der Erwerber neben dem Veräußerer haftet. Sie haften als Gesamtschuldner. Jedoch war der vorgenannte Betrag und damit auch kein weiterer Betrag von € 7.500,00 nicht rückständig im Sinne des § 16 Abs. 2 GmbHG.

Rückständig in diesem Sinne sind die bis zum Zeitpunkt der Eintragung des neuen Gesellschafters in die Gesellschafterliste fällig gewordenen und noch nicht erfüllten Leistungen auf den Geschäftsanteil. Die vorgenannten Einlageverpflichtungen in Höhe von € 5.000,00 und € 7.500,00 waren jedoch noch nicht fällig geworden. Die Satzung der Schuldnerin enthielt keine Fälligkeitsbestimmung. Der Restbetrag der Einlage wird in Ermangelung einer abweichenden Satzungsbestimmung erst dann fällig, wenn die Gesellschafter deren Einforderung beschließen. Einen Einforderungsbeschluss für die noch offene Resteinlageforderung haben die Gesellschafter der Schuldnerin nicht gefasst und der Beklagte ist bereits mit dem 23.10.2019 als Gesellschafter aus der Schuldnerin ausgeschieden.

LG Essen, Urteil vom 11.08.2022, AZ: 6 U 83/22

Unsere auf das Insolvenz- und Gesellschaftsrecht spezialisierten Anwälte stehen Ihnen bei sämtlichen Fragen hinsichtlich der Haftung der Gesellschafter bezüglich der Einzahlung des Stammkapitals kompetent zur Verfügung.

 

Rechtsanwalt Manuel Ast


Insolvenzrecht - OLG Düsseldorf: Zur Behandlung von Darlehen mittelbarer Gesellschafter in der Insolvenz

Insolvenzrecht – OLG Düsseldorf: Zur Behandlung von Darlehen mittelbarer Gesellschafter in der Insolvenz

Das OLG Düsseldorf hat mit Beschluss vom 23.05.2022 (12 U 42/21) darauf hingewiesen, dass Darlehen von Unternehmen, die mit dem Gesellschafter horizontal oder vertikal verbunden sind, wie Gesellschafterdarlehn behandelt werden können.

Mittelbare Beteiligung an Schuldner und Darlehensgeber

Vorliegend war der mittelbare Mehrheitsgesellschafter der Schuldnerin gleichzeitig auch mittelbarer Mehrheitsgesellschafter der Darlehensgeberin. Unter Verweis auf die BGH-Rechtsprechung (BGH vom 25.06.2020, IX ZR 243/18) stellt der Senat fest, dass in einer solchen Situation der Darlehensgeber zumindest dann der Regelung des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO unterfällt, wenn der mittelbare Gesellschafter eine maßgebliche Beteiligung an der Darlehensgeberin hält und Kraft seiner Mehrheitsbeteiligung Einfluss auf die Rückgewährung des Darlehensbetrages nehmen kann.

Rückzahlung des Darlehens innerhalb der Jahresfrist des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO

Die Schuldnerin hatte hier den Darlehensbetrag innerhalb des letzten Jahres vor Stellung des Insolvenzantrags im Sinne des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO zurückgezahlt. Aufgrund seiner maßgeblichen Beteiligung an der darlehensgebenden Gesellschaft wurde der mittelbare Gesellschafter gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO einem direkten Gesellschafter gleichgestellt und musste den Betrag an die Insolvenzmasse zurück gewähren.

In unserer auf das Insolvenz- und Gesellschaftsrecht spezialisierten Kanzlei stehen wir Ihnen bei sämtlichen Fragen zur Abwehr unberechtigter Insolvenzanfechtungsansprüche kompetent zur Verfügung.

 

Rechtsanwalt Manuel Ast


Insolvenzrecht – Deliktische Haftung des Geschäftsführers wegen Verletzung der Insolvenzantragspflicht

Insolvenzrecht – Deliktische Haftung des Geschäftsführers wegen Verletzung der Insolvenzantragspflicht

Hintergrund

Der BGH hatte in seiner Entscheidung vom 19.11.2019 – II ZR 53/18 – über den Fall eines Neugläubigerschadens im Rahmen einer Insolvenz zu entscheiden. Dabei stellte sich die Frage, inwieweit ein Geschäftsführer einer Gesellschaft für den Schaden eines Vertragspartners haftet, wenn zwar die Gesellschaft in der Vergangenheit insolvent war, aber im Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit dem Gläubiger einen Insolvenzgrund aufgrund der Erholung der Gesellschaft nicht mehr vorlag.

BGH – Haftung des Geschäftsführers auch in Zukunft gegenüber einem Neugläubiger

Der BGH betonte, dass es auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses ankommt. Da es sich bei einer Insolvenzverschleppung um ein Dauerdelikt handelt, müssen deren objektive und subjektive Voraussetzungen zum Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses noch vorliegen. Der klagende Neugläubiger musste daher beweisen, dass ein Insolvenzgrund noch im Zeitpunkt des Vertragsschlusses vorlag. Er konnte nicht pauschal darauf verweisen, dass die Insolvenz bereits in der Vergangenheit einmal eingetreten war. Die Karlsruher Richter zeigen in ihrer Entscheidung auf, wie dem Neugläubiger dieser Nachweis möglich ist. So gilt nach der Rechtsprechung der Nachweis im Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses bei relativ zeitnah erteilten Aufträgen als geführt. Ein zeitlicher Zusammenhang von neun Monaten bis zu einem Jahr reicht hierfür aus. In diesem Fall muss der Geschäftsführer darlegen und beweisen, dass im Zeitpunkt der Auftragserteilung zum Beispiel eine Überschuldung nachhaltig beseitigt und damit die Antragspflicht entfallen war.

Die Entscheidung zeigt, dass in einem Neugläubiger für den Geschäftsführer ein enormes Haftungsrisiko liegen kann. Insbesondere handelt es sich in Fällen wie diesem um eine Haftung aus unerlaubter Handlung, weshalb der Neugläubiger in einem etwaigen Insolvenzverfahren über die Gesellschaft die Versagung der Restschuldbefreiung verlangen kann. So ist dem Geschäftsführer der Weg verwehrt, sich seiner Haftung durch ein eigenes Insolvenzverfahren zu entziehen.

Bei Fragen zur Geschäftsführerhaftung und Insolvenzverschleppung stehen Ihnen unsere auf das Insolvenzrecht spezialisierten Anwälte mit ihrer langjährigen Erfahrung kompetent zur Verfügung.

Rechtsanwalt Manuel Ast


Insolvenzrecht - Insolvenzantragspflicht bei Führungslosigkeit einer englischen Limited

Insolvenzrecht – Insolvenzantragspflicht bei Führungslosigkeit einer englischen Limited

§ 15 Abs. 3 InsO ist auf eine englische Limited nicht anwendbar (KG Berlin, Urteil vom 10.08.2022 – 4161 Ss 104/22).

§ 15 a Abs. 3 InsO besagt, dass im Fall der Führungslosigkeit einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung auch jeder Gesellschafter, im Fall der Führungslosigkeit einer Aktiengesellschaft oder einer Genossenschaft oder jedes Mitglied des Aufsichtsrats zur Stellung des Insolvenzantrags verpflichtet ist, es sei denn, diese Person hat von der Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung oder der Führungslosigkeit keine Kenntnis.

Hintergrund

Das AG Berlin-Tiergarten hat den Angeklagten mit Strafbefehl vom 07.03.2019 wegen Insolvenzverschleppung zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je € 50,00 verurteilt. Der Strafbefehl ging von folgendem Sachverhalt aus: Der Angeklagte war seit der Gründung bis zu ihrer Abberufung am 30.06.2015 Direktor der im Handelsregister des AG C. unter HRB XX eingetragenen V Limited, zuletzt geschäftsansässig X. Nach seiner Abberufung als Direktor war die Gesellschaft führungslos. Er war jedoch Geschäftsführer der F-UG, der einzigen Gesellschafterin der V Limited. Der Angeklagte wusste, dass die V Limited spätestens seit dem 27.05.2016 zahlungsunfähig war, da die Gesellschaft ab diesem Zeitpunkt nicht mehr die Sozialversicherungsbeiträge der bei der Gesellschaft beschäftigten abführen konnte. Als gesetzlicher Vertreter der Gesellschafterin der V Limited war der Angeklagte gemäß § 15 a Abs. 1 InsO verpflichtet, bei deren Zahlungsunfähigkeit ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit – hier spätestens am 17.06.2016 – die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH zu beantragen. Entgegen dieser Pflicht beantragte der Angeklagte zu keiner Zeit die Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Gegen den Strafbefehl hat der Angeklagte Einspruch eingelegt, den er in der Hauptverhandlung auf die Tagessatzhöhe beschränkt hat. Das AG hat daraufhin mit Urteil vom 21.08.2019 die Höhe des einzelnen Tagessatzes auf € 20,00 herabgesetzt und dem Angeklagten Ratenzahlung bewilligt. Auf die hiergegen eingelegte Berufung des Angeklagten hin hat das LG Berlin die Beschränkung des Einspruchs für unwirksam erachtet, das angefochtene Urteil aufgehoben und den Angeklagten freigesprochen. Hiergegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer auf die Sachrüge gestützten Revision.

Revision Staatsanwaltschaft ohne Erfolg

Das Kammergericht Berlin ist der Auffassung, dass das LG zutreffend davon ausgegangen ist, dass die Beschränkung eines Rechtsmittels auf den Rechtsfolgenausspruch oder Teile des Rechtsfolgenausspruchs unwirksam ist, wenn der zugrunde liegende Schuldspruch auf einem nach den Feststellungen tatsächlich nicht strafbaren Verhalten beruht (vgl. BGH 02.12.2015 – 2 SDR 258/15). Das LG hat diesen Grundsatz vorliegend auch zu Recht angewandt, da das dem Angeklagten zur Last gelegte Verhalten nicht strafbar ist. § 15 a Abs. 3 InsO und damit auch die Strafnorm des § 15 a Abs. 4 bis Abs. 6 InsO ist auf eine Limited nach englischem Recht nicht anwendbar. Der Senat folgt damit der herrschenden Auffassung im Schrifttum. Der Gegenansicht ist zwar einzugestehen, dass der Gesetzgeber mit zumindest § 15 a Abs. 1 InsO auch Auslandsgesellschaften mit Verwaltungssitz im Inland erfassen wollte. Einer Übertragung dieser Ausweitung auf § 15 a Abs. 3 InsO steht jedoch der eindeutige, von Abs. 1 abweichende und auf Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Aktiengesellschaften und Genossenschaften beschränkte Wortlaut der Norm entgegen. Eine Auslegung von § 15 a Abs. 3 InsO dahin, dass der Begriff der Gesellschaft mit beschränkter Haftung auch Auslandsgesellschaften für vergleichbare Rechtsstruktur wie die englische Limited erfasse, überschreitet die Wortlautgrenze. Durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) vom 23.10.2008 wurde sowohl die Regelung der Insolvenzantragspflicht des § 15 a InsO als auch die Regelung des Insolvenzantragsrecht bei Führungslosigkeit in § 15 a Abs. 1 S. 2 InsO in die Insolvenzordnung eingefügt. Wenn der Gesetzgeber bei einer solchen einheitlichen Regelung sowohl in § 15 a Ab. 1 S. 2 InsO als auch in § 15 Abs. 1 InsO jeweils von juristischen Personen spricht, in § 15 Abs. 3 InsO hingegen enumerativ nur von der Gesellschaft mit beschränkter Haftung, der Aktiengesellschaft und der Genossenschaft, ist auch, wenn die Gesetzesmaterialien zu den Gründen der Differenzierung schweigen, auszuschließen, dass in § 15 a Abs. 3 InsO andere als die dort mit ihren jeweiligen gesellschaftsrechtlichen Bezeichnungen ausdrücklich angeführten juristischen Personen gemeint sein könnten und insbesondere der Begriff der Gesellschaft mit beschränkter Haftung als Gattungsbegriff verwandt worden ist.

In unserer auf das Insolvenzrecht spezialisierten Kanzlei stehen wir Ihnen insbesondere hinsichtlich der bestehenden Insolvenzantragspflicht sowie auch der Abwehr unberechtigt gestellter Insolvenzanträge kompetent zur Verfügung.

 

Rechtsanwalt Manuel Ast


Insolvenzrecht – Hinweisbeschluss des OLG Düsseldorf vom 23.05.2022 – I – 12 O 42/21

Insolvenzrecht – Hinweisbeschluss des OLG Düsseldorf vom 23.05.2022 – I – 12 O 42/21

 

  1. Zu den einem Gesellschafterdarlehen gleichgestellten Forderungen gehören auch Darlehensforderungen von Unternehmen, die mit dem Gesellschafter horizontal oder vertikal verbunden sind. Für diese Verbindung genügt eine mittelbare Beteiligung sowohl am Schuldnerunternehmen als auch (mehrheitlich) an der darlehensgebenden Gesellschaft.
  2. Die Beweislast für das Nichtvorliegen der Voraussetzungen für die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht nach § 1 COVInsAG obliegt dem Insolvenzverwalter. Steht fest, dass der Schuldner bereits am 31.12.2019 zahlungsunfähig war, weil er seine Zahlungen eingestellt hatte, greift die Vermutung des § 1 Abs. 1 Satz 3 COVInsAG nicht zu Gunsten des Anfechtungsgegners ein. Der Nachweis des Nichtberuhens der Insolvenzreife auf den Folgen der Covid-19-Pandemie kann aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung des Schuldners vor dem Stichtag mit Blick darauf, dass bis zum 31.12.2019 keine Anzeichen für eine corona-bedingte Wirtschaftskrise bestanden, als geführt anzusehen seien.

 

Rechtsanwalt Manuel Ast