Sanierung und Insolvenz - LG Dresden zur Begründung einer Beschwerde gegen die gerichtliche Bestätigung eines Restrukturierungsplans

Sanierung und Insolvenz – LG Dresden zur Begründung einer Beschwerde gegen die gerichtliche Bestätigung eines Restrukturierungsplans

 

Die Entscheidung des Landgerichts Dresden vom 01.07.2021 – 5 T 363/21 – richtete sich gegen den Beschluss des AG Dresden vom 07.06.2021 zum StaRUG (AZ: 574 RES 2/21).

Der Tenor des Beschlusses des Amtsgerichts liest sich wie folgt:

  1. Für die Beurteilung der Schlechterstellung eines Planbetroffenen ist das nächstbeste Alternativszenario maßgeblich, das heißt, die Situation, in der sich der Gläubiger im Fall des Scheiterns des Plans wiederfinden würde. Eine Liquidation als bestes Alternativszenario darf nur dann unterstellt werden, wenn ein Verkauf des Unternehmens oder eine anderweitige Fortführung aussichtslos ist.
  2. Die Weiterführung des Unternehmens bedeutet nicht zwangsläufig, dass dem Schuldner ein wirtschaftlicher Wert zugewendet wird. Dies ist nur dann der Fall, wenn auch ein fremder Dritter bereit gewesen wäre, das Unternehmen an der Stelle des Schuldners fortzuführen. Wenn kein Dritter bereit ist an Stelle des Schuldners das Unternehmen zu den im Plan vorgesehenen Bedingungen fortzuführen, kann im Zweifel nicht angenommen werden, dass der Schuldner durch den Plan einen wirtschaftlichen Wert erhält.

Das LG Dresden benötigte zur Entscheidung über die Beschwerde gegen die vorgehend zitierte Entscheidung des AG Dresden, dann auch nur bis zum 01.07.2021 (AZ: 5 T 363/21).

Die Verwerfung der Beschwerde kann man wie folgt zusammenfassen:

  1. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 66 Abs. 2 Nr. 3 StaRUG muss der Beschwerdeführer glaubhaft machen, dass er ohne den Plan wesentlich schlechter gestellt wird, als er mit dem Plan stünde.
  2. Dieser Nachteil kann nicht durch eine Zahlung aus den Mitteln ausgeglichen werden, die nach dem gestaltenden Teil des Restrukturierungsplanes für den Fall bereit gestellt werden, dass ein Planbetroffener seine Schlechterstellung nachweist.

Die Entscheidung des Landgerichts Dresden reiht sich in die im letzten Jahr veröffentlichten bekannt gewordenen Gerichtsentscheidungen ein.

In unserer auf das Insolvenz- und Sanierungsrecht spezialisierten Kanzlei stehen wir Ihnen bei allen Fragen hinsichtlich der Voraussetzungen von Restrukturierungsplänen sowie der Anwendung des StaRUG kompetent zur Verfügung.

 

Rechtsanwalt Manuel Ast


Sanierung und Insolvenz - AG Hamburg zum neuen StaRUG

SANIERUNG UND INSOLVENZ – AG HAMBURG ZUM NEUEN STARUG

Das Amtsgericht Hamburg hat bereits im vergangenen Jahr zum neuen StaRUG entschieden. So hat das Gericht mit Beschluss vom 12.04.2021 – 61 A RES 1/21 – den ihm vorgelegten Restrukturierungsplan auf Antrag des Schuldners bestätigt. Dort war im Rahmen der Planabstimmung zwar in der zweiten von drei Gruppen die erforderliche Dreiviertelmehrheit nicht erreicht worden. Das Gericht sah jedoch die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 StaRUG als gegeben an. Dieser sieht vor, dass die Zustimmung in einer Plangruppe, in der die nach § 25 Abs. 1 StaRUG erforderliche Mehrheit nicht erreicht wird, trotz fehlender Dreiviertelmehrheit als erteilt gilt, wenn die Mitglieder dieser Gruppe durch den Restrukturierungsplan voraussichtlich nicht schlechter gestellt werden, als sie ohne einen Plan stünden (Nr. 1), die Mitglieder dieser Gruppe angemessen an dem wirtschaftlichen Wert beteiligt werden, der auf Grundlage des Plans den Planbetroffenen zufließen soll (Nr. 2) und die Mehrheit der abstimmenden Gruppen dem Plan mit den erforderlichen Mehrheiten zugestimmt hat (Nr. 3).

Das AG Hamburg setzte sich hierbei insbesondere mit dem Merkmal des „Nichtschlechterstellens“ auseinander. Das Gericht teilt hierzu die Auffassung, wonach als Vergleichsmaßstab für die Nichtschlechterstellung nicht automatisch ein Insolvenzverfahren mit einem Liquidationsszenario heranzuziehen ziehen, sondern vielmehr grundsätzlich auf das nächstbeste Alternativszenario abzustellen sei. Sofern sich aber kein konkretes und verlässliches Alternativszenario unter Ansatz von Fortführungswerten darstellen lasse, sei die Insolvenz des Schuldners Vergleichsmaßstab.

In unserer auf das Insolvenz- und Sanierungsrecht spezialisierten Kanzlei stehen wir Ihnen bei sämtlichen Fragestellungen des Insolvenzrechts kompetent zur Verfügung.

 

Rechtsanwalt Manuel Ast


Insolvenzanfechtungsrecht - BGH zur Rückgewährklage eines Insolvenzverwalters nach Insolvenzanfechtung: Zahlungsunfähigkeit als Indiz für den Benachteiligungsvorsatz

Insolvenzanfechtungsrecht – BGH zur Rückgewährklage eines Insolvenzverwalters nach Insolvenzanfechtung: Zahlungsunfähigkeit als Indiz für den Benachteiligungsvorsatz

Das Urteil des BGH vom 24.02.2022 – IX ZR 250/20 enthält neuerliche Ausführungen zu den Anforderungen an den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners im Rahmen des § 133 Abs. 1 InsO sowie zu den Tatbestandsmerkmalen der Anfechtung nach den §§ 134, 135 InsO.

Der Leitsatz zu § 133 Abs. 1 S. 1 InsO lautet wie folgt:

Die Zahlungsunfähigkeit stellt nur dann ein Indiz für den Benachteiligungsvorsatz dar, wenn der Schuldner seine Zahlungsunfähigkeit erkannt hat. Hält der Schuldner eine Forderung, welche die Zahlungsunfähigkeit begründet, aus Rechtsgründen für nicht durchsetzbar oder nicht fällig, steht dies einer Kenntnis entgegen, sofern bei einer Gesamtwürdigung der Schluss auf die Zahlungsunfähigkeit nicht zwingend nahelegt.

Hintergrund

Der Kläger ist Insolvenzverwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der K-GmbH. Das Stammkapital der Schuldnerin betrug € 25.000,00. Die Beklagte war Gesellschafterin der Schuldnerin und ursprünglich in Höhe von € 24.250,00 am Stammkapital der Schuldnerin beteiligt.

Am 23. Juli 2015 schlossen die Beklagte und die Schuldnerin als Lizenznehmerin einen Lizenzvertrag, wonach die Beklagte für bestimmte Patente, Marken und Know-How eine ausschließliche Lizenz erteilte. Die Schuldnerin versprach eine jährliche Lizenzgebühr in Höhe von € 180.000,00, von der zunächst € 15.000,00 zur Auszahlung kommen sollten. Zudem bestimmte der Vertrag, das in 2015 die anteilige Lizenzgebühr in Höhe von € 15.000,00 spätestens zum 31.12.2015 fällig wird. Am selben Tag schlossen die Schuldnerin und die Beklagte eine gesonderte Rangrücktrittsvereinbarung. Diese bestimmte, dass von der Forderung aus dem Lizenzvertrag € 15.000,00 von der Schuldnerin bezahlt werden und über die verbleibenden € 165.000,00 die Beklagte mit allen gegenwärtigen und zukünftigen Ansprüchen aus und im Rang hinter sämtliche Ansprüche aller gegenwärtigen und zukünftigen Gläubiger der Schuldnerin zurücktritt. Am 22. Februar 2016 überwies die Schuldnerin € 15.000,00 unter Bezugnahme auf den Lizenzvertrag an die Beklagte.

Am 10. Juni 2016 stellte die Schuldnerin einen Insolvenzantrag. Das Insolvenzgericht eröffnete das Insolvenzverfahren mit Beschluss vom 21. September 2016 und bestellte den Kläger zum Insolvenzverwalter. Der Kläger verlangt die Rückzahlung der am 22. Februar 2016 gezahlten € 15.000,00. Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das OLG die Klage hinsichtlich des Anfechtungsanspruchs abgewiesen. Mit seiner zugelassenen Revision strebt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils an. Diese Revision hat Erfolg.

BGH: Schuldner muss seine Zahlungsunfähigkeit erkennen

In den Entscheidungsgründen wiederholt der BGH zunächst seine Ausführungen, wonach die subjektiven Tatbestandsmerkmale der Vorsatzanfechtung, da es sich um innere, den Beweis nur uneingeschränkt zugängliche Tatsachen handelt, meist nur mittelbar aus objektiven Tatsachen hergeleitet werden können. Soweit dabei Rechtsbegriffe wie die Zahlungsunfähigkeit betroffen sind, muss deren Kenntnis außerdem oft aus der Kenntnis von Anknüpfungstatsachen erschlossen werden. Diese Anknüpfungstatsachen sind sodann vom Tatrichter zu würdigen. Der Benachteiligungsvorsatz kann nicht allein darauf gestützt werden, dass der Schuldner im Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung erkanntermaßen zahlungsunfähig war. Hinzukommen muss dann, dass der Schuldner weiß oder in Kauf nimmt, auch künftig seine Gläubiger nicht befriedigen zu können.

Allerdings stellt die Zahlungsunfähigkeit nur dann ein Indiz für den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz dar, wenn der Schuldner seine Zahlungsunfähigkeit erkannt hat. Ob der Schuldner seine Zahlungsunfähigkeit erkannt hat, hängt in erster Linie davon ab, ob er die Tatsachen kennt, welche die Zahlungsunfähigkeit begründen, und ob die gesamten Umstände zwingend auf eine eingetretene Zahlungsunfähigkeit hinweisen. Hierzu muss der Schuldner nicht nur die Forderung kennen, sondern auch deren Fälligkeit. Hält der Schuldner eine Forderung, welche die Zahlungsunfähigkeit begründet, aus Rechtsgründen für nicht durchsetzbar oder nicht fällig, steht dies einer Kenntnis entgegen, sofern bei einer Gesamtwürdigung der Schluss auf die Zahlungsunfähigkeit nicht zwingend naheliegt. Der Schluss auf die Zahlungsunfähigkeit liegt zwingend nahe, wenn sich ein redlich denkender, der vom Gedanken auf den eigenen Vorteil nicht beeinflusst ist, angesichts der ihm bekannten Tatsachen der Einsicht nicht verschließen kann, der Schuldner sei zahlungsunfähig.

Vorliegend ging die Schuldnerin im Zeitpunkt der angefochtenen Zahlung nicht davon aus, zahlungsunfähig zu sein. Aufgrund der schwierigen und streitigen Rechtsfragen durfte die Schuldnerin auch davon ausgehen, dass die gegen sie gerichteten Forderungen nicht fällig waren. Die Schuldnerin hatte damals ihre Zahlungsunfähigkeit jedenfalls nicht erkannt, der Schluss auf das Vorliegen der Zahlungsunfähigkeit war im entscheidenden Fall nicht zwingend. Da vom Kläger keine weiteren Indizien vorgelegt wurden, die einen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz gestützt hätten, wurde § 133 Abs. 1 InsO vom BGH verlangt.

Fazit

Bereits mit dem Urteil vom 06.05.2021 – IX ZR 72/20 – hat der neunte Zivilsenat des BGH seine Rechtsprechungsänderung zur Vorsatzanfechtung nach § 133 InsO eingeleitet. Kernaussage dieser Entscheidung war, dass für das Vorliegen des Tatbestandsmerkmals des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes die Kenntnis des Schuldners erforderlich ist, auch künftig seine Gläubiger nicht vollständig bezahlen zu können. Diese Rechtsprechungsänderung wurde mit dem bereits von uns vorgestellten Urteil vom 10.02.2022 – IX ZR 148/19 – konkretisiert. Danach fehlt einem Anfechtungsgegner, der nur das Zahlungsverhalten des Schuldners ihm gegenüber kennt, in der Regel der für die Beurteilung einer drohenden Zahlungsunfähigkeit erforderliche Überblick über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners. Weitere Konkretisierungen insbesondere zu den Anforderungen an den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners enthalten die ebenfalls von uns vorgestellten Urteile vom 24.02.2022 – IX ZR 2050/20 sowie vom 03.03.2022 – IX ZR 53/19.

 

Rechtsanwältin Alexandra Lades


Insolvenzanfechtungsrecht - BGH zur Relevanz der insolvenzrechtlichen Überschuldung im Rahmen der Vorsatzanfechtung

Insolvenzanfechtungsrecht – BGH zur Relevanz der insolvenzrechtlichen Überschuldung im Rahmen der Vorsatzanfechtung

Der BGH hat in mehreren Entscheidungen die Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung im Sinne des § 133 InsO konkretisiert und die Anforderungen an den Insolvenzverwalter für den Nachweis der subjektiven Merkmale erhöht, wie wir bereits in den vorangegangenen Blogs berichtet haben. Diese Linie führt der BGH nun auch in seiner Entscheidung vom 03.03.2022 – IX ZR 53/19 – fort.

Hintergrund

In dem Fall ging es um die Frage, welche Bedeutung der insolvenzrechtlichen Überschuldung für den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners und die Kenntnis des Anfechtungsgegners von diesem Vorsatz zukommt. Die Karlsruher Richter stellten zunächst klar, dass die insolvenzrechtliche Überschuldung insoweit ein eigenständiges Beweisanzeichen darstellt. Seine Stärke hängt davon ab, mit welcher Wahrscheinlichkeit die Überschuldung den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners erwarten lässt und wann der Eintritt bevorsteht. Insolvenzrechtlich überschuldet ist ein Rechtsträger, der nicht über ausreichend Vermögen verfügt, um seine bestehenden Verbindlichkeiten zu decken. Hinzutreten muss, dass die Fortführung des Unternehmens bis zum Ende eines zwölfmonatigen Prognosezeitraums nicht überwiegend wahrscheinlich ist. Eine negative Fortführungsprognose ist nach dem späteren Eintritt der Zahlungsunfähigkeit wahrscheinlich. Die Zahlungsunfähigkeit kann unmittelbar bevorstehen, sie kann aber auch erst am Rande des Prognosezeitraums eintreten. Es bedarf daher zusätzlicher, in der Art und Weise der Rechtshandlung liegender Umstände, um den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners zu begründen. Mit Blick auf die Kenntnis des Anfechtungsgegners würde es nicht genügen, dass der Gläubiger, hier das Finanzamt, weiß, dass der Schuldner bilanziell überschuldet ist. Für die Annahme einer Überschuldung fehlt es nämlich an einer gesetzlichen Vermutung, weshalb der nach § 133 Abs. 1 InsO anfechtende Insolvenzverwalter den Eintritt der insolvenzrechtlichen Überschuldung voll beweisen muss.

Vortrag zur negativen Fortführungsprognose erforderlich

Dies gilt auch für die negative Fortführungsprognose. Kumulativ ist erforderlich, dass die insolvenzrechtliche Überschuldung dem Anfechtungsgegner bekannt geworden ist. Auf diesem zum Grundsatz soll der Insolvenzverwalter darlegen und beweisen. Der Nachweis der insolvenzrechtlichen Überschuldung wird im Anfechtungsprozess grundsätzlich nicht durch eine Handelsbilanz erleichtert, die einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag ausweist. Im Anfechtungsprozess ist daher nicht ausreichend, dass der Verwalter nur eine rechnerische Überschuldung darlegt, da daneben eine negative Fortführungsprognose und die Kenntnis des Anfechtungsgegners von dieser erforderlich sind. Vom außenstehenden Gläubiger kann nämlich nicht erwartet werden, dass er Umstände darlegt, dies aus damaliger Sicht rechtfertigten, das schuldnerische Unternehmen fortzuführen. Vielmehr ist grundsätzlich der Verwalter gehalten, zur negativen Fortführungsprognose vorzutragen. Dies gilt gleichermaßen für den Nachweis der Kenntnis des Anfechtungsgegners von der Überschuldung, selbst wenn diesem eine solche Handelsbilanz bekannt geworden ist.

Fazit

Der BGH hat die Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung nach § 133 InsO also auch mit dieser Entscheidung erheblich verschärft. Der Beobachtungs- und Erkundigungsobliegenheit, die Verwalter in der Praxis oft sehen bzw. unterstellen, hat er eine gründliche Absage erteilt. Eine rechtliche Prüfung insolvenzanfechtungsrechtlicher Rückforderungsansprüche dürfte die Verteidigungschancen künftig weiter erhöhen.

Unsere auf das Insolvenzrecht spezialisierten Anwälte stehen Ihnen in Bezug auf das Insolvenzanfechtungsrecht kompetent zur Verfügung.

 

Rechtsanwältin Alexandra Lades


Insolvenzanfechtungsrecht – BGH zum Gläubigerbenachteiligungsvorsatz bei Sanierungsversuch

Insolvenzanfechtungsrecht – BGH zum Gläubigerbenachteiligungsvorsatz bei Sanierungsversuch

Bezahlt ein Unternehmen einen Sanierungsberater für ein Konzept, um die Insolvenz abzuwenden, liegt dem BGH zufolge nicht ohne weiteres der Vorsatz, andere Gläubiger zu benachteiligen, vor. Vielmehr müsse der Insolvenzverwalter darlegen und beweisen, dass das Sanierungskonzept von vornherein untauglich war und diese Tatsache dem Schuldner auch bekannt war. Die Insolvenzanfechtung eines Beraterhonorars in Höhe von rund 4,5 Mio. € ist daher vorläufig fehlgeschlagen.

BGH, Urteil vom 03.03.2022 – IX ZR 78/20

Hintergrund

Nach dem Einbruch im Photovoltaik-Markt geriet der weltweit agierende Konzern „Q-CELLS“ im Jahr 2011 in eine finanzielle Krise. Es wurde eine Rechtsanwaltsgesellschaft engagiert, um ein Sanierungskonzept zu erstellen. Um die Insolvenz zu vermeiden, riet die Sanierungsberaterin, dass Verbindlichkeiten aus Wandelschuldverschreibungen in Eigenkapital umgewandelt werden. Dafür musste jeder einzelne Anleihe-Gläubiger seine Zustimmung erteilen. Die Gläubigerversammlung stimmte zwar mehrheitlich zu, aber bestimmte Gläubiger erhoben Anfechtung- und Nichtigkeitsklagen.

Die Rechtsanwaltsgesellschaft stellte für die Beratungstätigkeit laufend Rechnungen in Höhe von insgesamt rund 4,5 Mio. €, die von dem Konzern auch beglichen wurden. Sie erhielten keine Angaben über die konkret abgerechneten Tätigkeiten. Nach knapp vier Monaten stellte Q-CELLS aber doch einen Insolvenzantrag. Der Insolvenzverwalter forderte das Honorar des Sanierungsberaters zurück. Das LG Frankfurt am Main gab der Klage statt, das OLG Frankfurt setzt die Rückzahlungssumme auf rund 0,5 Mio. € herab. Beide Parteien wandten sich an den BGH.

Gläubigerbenachteiligungsvorsatz bei Rettungsversuch

Unternimmt ein Unternehmen einen Versuch, die Insolvenz abzuwenden, indem es einen Sanierungsberater engagiert, muss der Insolvenzverwalter dem BGH zufolge für die Anfechtung der Honorarzahlung nach § 133 Abs. 1 InsO darlegen. Auch müsse er beweisen, dass dieser Sanierungsversuch von vornherein (ex ante Betrachtung) untauglich war und dem Konzern das auch bewusst war. Dabei komme es zum einen darauf an, ob der Berater als kompetent anzusehen und ob das Konzept rechtlich vertretbar ist. Dabei sei ein großzügiger Maßstab anzulegen. Dazu gehört laut dem BGH aber mindestens, auch die Ursache der Krise zu behandeln und nicht nur die akute Liquiditätslücke zu beseitigen.

Honorarzahlung ohne Angabe der konkreten Tätigkeit

Die Karlsruher Richter bekräftigten zugleich, dass ein Rechtsanwalt und sein Mandant frei sind, vertraglich zu vereinbaren, wie die Rechnungen aussehen sollen. Vereinbarten die Parteien also, dass diese ohne nähere Angaben zu der abgerechneten Tätigkeit fällig und durchsetzbar sind, sei § 10 Abs. 2 RVG insoweit abdingbar.

Fazit

Auch hier erschwert der BGH seine Anforderungen an die Vorsatzanfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO, in dem er verlangt, dass der Insolvenzverwalter konkret darlegen und beweisen muss, dass das Sanierungskonzept von vornherein untauglich war und diese Tatsache dem Schuldner auch bekannt war. Das Urteil passt also in die Reihe der neuerlich veröffentlichten Rechtsprechungen, die an den Tatbestand der Vorsatzanfechtung höhere Anforderungen stellen.

Rechtsanwalt Manuel Ast