Insolvenzrecht – Keine Haftung des Wirtschaftsprüfers der P&R-Gesellschaften

Der Abschlussprüfer der deutschen P&R Vertriebsgesellschaften haftet Anlegern wegen der Erstellung der Jahresabschlussprüfung nicht auf Schadensersatz aus „Prospekt- oder Expertenhaftung“. (OLG München, Beschluss vom 21.04.2022 – 8 U 4257/21)

Hintergrund

Die Kläger hatten von deutschen Vertriebsgesellschaften, der so genannten P&R-Gruppe als Kapitalanlage Seefrachtcontainer gekauft. Im Gegenzug sollten feste Mietzinszahlungen erfolgen und es wurde ein bestimmter Rückkaufpreis in Aussicht gestellt. Der beklagte Wirtschaftsprüfer hatte für die Vertriebsgesellschaften jeweils Prüftestate über die Prüfung des Jahresabschlusses und des Lageberichts erteilt. In einer Informationsbroschüre für eine der Vertriebsgesellschaften fand sich ein Passus, wonach „unabhängige Wirtschaftsprüfer den Vertriebsgesellschaften die vollständige Vertragsabwicklung für die Containerinvestitionen testierten und die Vertriebsgesellschaft diese bewährte Abwicklung eins zu eins übernehme, so dass auch für dieses neue Konzept die gleiche gute Performance sichergestellt sei“. Über die Vermögen der Gesellschaften wurden keine drei Jahre nach dem Kauf die Insolvenzverfahren eröffnet. Hierbei haben Kläger und Anleger einen Großteil ihrer Investitionen verloren.

OLG München weist Berufung der Kläger zurück

Das OLG München hat die Berufung der Kläger, die erstinstanzlich vor dem Landgericht Landshut unterlegen waren, mit Beschluss zurückgewiesen. Das Gericht schloss in seiner Entscheidung zunächst spezialgesetzliche Prospekthaftungsansprüche aus § 306 KAGB mangels zeitlicher Anwendbarkeit der entscheidenden Regelung ebenso aus, wie eine Haftung nach richterrechtlicher Prospekthaftung im engeren Sinne. In § 306 KAGB ist die Prospekthaftung und Haftung für die wesentlichen Anlegerinformationen geregelt. Sind in dem Verkaufsprospekt Angaben, die für die Beurteilung der Anteile oder Aktien von wesentlicher Bedeutung sind unrichtig oder unvollständig, so kann der Käufer von der Verwaltungsgesellschaft, von denjenigen, die neben der Verwaltungsgesellschaft für den Verkaufsprospekt die Verantwortung übernommen haben, oder von denen der Erlass des Verkaufsprospekts ausgeht und von demjenigen, der diese Anteile oder Aktien im eigenen Namen gewerbsmäßig verkauft hat, als Gesamtschuldner die Übernahme der Anteile oder Aktien gegen Erstattung des von ihm gezahlten Betrages verlangen. Diese spezialgesetzlichen Prospekthaftungsansprüche sind im vorliegenden Fall nach Ansicht der Münchner Richter nicht gegeben. Letzteres bereits deshalb, weil es sich bei dem Containerkauf nicht um einen Beitritt zu einer Gesellschaft handele und es deshalb an einer gemeinsamen unternehmerischen Tätigkeit der Anleger fehle.

Auch Schadensersatzansprüche aus allgemeiner Prospekthaftung wurden verneint. Zwar sei die vom Wirtschaftsprüfer verwendete Informationsbroschüre als Prospekt im Sinne der Rechtsprechung des BGH zu werten. Eine allgemeine Vertrauenshaftung des Wirtschaftsprüfers scheitere jedoch daran, dass dieser selbst keine über das normale Verhandlungsvertrauen hinausgehende persönliche Gewähr für die Seriosität und ordnungsgemäße Erfüllung des Vertrags zwischen den Anlegern und den Vertriebsgesellschaften übernommen habe. Ihn treffe daher keine eigene Aufklärungspflicht, da das Vertragskonstrukt und dessen Risiken selbst betreffen. Auch sei der Beklagte nicht als Vertreter der Vertriebsgesellschaften aufgetreten, habe also keinen unmittelbaren Kontakt zu den Anlegern gehabt und auch sonst wäre es nicht zu einer Beeinflussung der Vertragsverhandlungen aufgrund eines von dem Beklagten in Anspruch genommenen persönlichen Vertrauens gekommen.

Das Gericht beleuchtete auch eine allgemeine sog. Expertenhaftung, die letztlich verneint wurde. Ein Experte hafte vertragsfremden Dritten nach den Grundsätzen des Vertrags mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter nämlich nur bei Inanspruchnahme eines konkreten Vertrauens, woran es hier fehlen würde. Die zitierte Passage in der Informationsbroschüre genüge hierfür ersichtlich nicht. So war der Beklagte nicht einmal namentlich genannt und hatte zudem lediglich die Jahresabschlüsse testiert, nicht aber den Prospekt selbst. Der Beklagte hatte daher auch ein Prospektprüfungsgutachten erstattet. Auch lagen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die vorgenommene Prüfung auch im Interesse bestimmter Dritter durchgeführt werden sollte.

Da mögliche deliktische Ansprüche nach Ansicht des OLG München jedenfalls an der so genannten haftungsbegründenden Kausalität und an prozessualen Gegebenheiten scheiterten, wiesen die Münchner Richter die Berufung der Kläger im Ergebnis zurück.

Da die Revision zum BGH zugelassen wurde, bleibt es den Karlsruher Richtern vorbehaltenn, den gegenständlichen Fall neu zu entscheiden. Hierin liegt auch eine Chance, dass Anleger und damit Geschädigte in dem Insolvenzverfahren über die P&R Container den Wirtschaftsprüfer der deutschen P&R-Gesellschaften auf Schadensersatz in Anspruch nehmen könnten. So scheint die Meinung des OLG München in Bezug auf das Nichtvorliegen einer etwaigen Prospekt- oder Expertenhaftung zumindest nicht in Stein gemeißelt. Auch halten wir die Ausführungen der Münchner Richter zur fehlenden haftungsbegründeten Kausalität für nicht ausreichend. Insbesondere werden diese nicht den Maßstäben des BGH gerecht.

Geschädigte Anleger sollten daher prüfen, ob sie nicht rein vorsorglich den Wirtschaftsprüfer der deutschen P&R-Gesellschaften auf Schadensersatz in Anspruch nehmen, insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Angelegenheit noch vor dem höchsten deutschen Zivilgericht entschieden wird (BGH, kein Datum verfügbar, VII ZR 97/22).

Unsere auf das Insolvenzrecht spezialisierten Anwälte beraten Sie zur Möglichkeit der Geltendmachung von etwaigen Schadensersatzansprüchen gegen den Abschlussprüfer der deutschen P&R-Gesellschaften umfassend und kompetent.

 

Rechtsanwalt Manuel Ast